Politik

Abschaffung des Amtsgeheimnisses: Parlament gibt grünes Licht für Informationsfreiheit in Österreich

Abschaffung des Amtsgeheimnisses nimmt letzte parlamentarische Hürde

Mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit besiegelte der Bundesrat heute das Aus für das Amtsgeheimnis. Ab September 2025 wird es damit in Österreich ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Information gegenüber dem Staat geben. Außerdem werden öffentliche Stellen deutlich mehr Informationen von sich aus veröffentlichen müssen, als das derzeit der Fall ist.

Als "Meilenstein", "Paradigmenwechsel" und "Kultursprung" bezeichneten Verfassungsministerin Karoline Edtstadler sowie Bundesratsmitglieder von ÖVP und Grünen die Einführung der Informationsfreiheit. Auch die SPÖ äußerte sich positiv über das Gesetz. Einzig die FPÖ sah in der Novelle eine "Mogelpackung" und verweigerte daher ihre Zustimmung.

Mit der Verfassungsnovelle und dem begleitenden Informationsfreiheitsgesetz werden öffentliche Stellen künftig verpflichtet, Informationen von allgemeinem Interesse wie in Auftrag gegebene Gutachten, Studien und Verträge von sich aus zu veröffentlichen und über ein zentrales Informationsregister zugänglich zu machen. Ausnahmen von dieser proaktiven Informationspflicht sind nur für Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern vorgesehen. Auch kleine Gemeinden werden individuelle Anfragen von Bürgern und Journalisten aber grundsätzlich innerhalb von vier Wochen beantworten müssen. Die Amtsverschwiegenheit wird endgültig aus der Verfassung gestrichen, Bürgern ein Informationsrecht gegenüber dem Staat eingeräumt. Ebenso müssen staatsnahe Unternehmen, Stiftungen und Fonds sowie gesetzliche Interessenvertretungen künftig mehr Transparenz walten lassen.

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Auskünfte werden weiterhin etwa dann verweigert werden können, wenn die öffentliche Sicherheit durch die Informationserteilung in Gefahr geraten könnte, ein erheblicher finanzieller Schaden droht, eine Entscheidung erst in Vorbereitung ist oder Interessen Dritter schwerer wiegen als das öffentliche Informationsinteresse. Auch extrem zeitraubende und offensichtlich mutwillige Anfragen müssen nicht beantwortet werden. Für staatsnahe Unternehmen und Interessenvertretungen sind überdies weitere einschränkende Sonderbestimmungen vorgesehen.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler zeigte sich im Bundesrat "hoch erfreut". Mit dem heutigen Beschluss gelinge es, das Amtsgeheimnis endgültig "in die Mottenkiste der Republik zu verbannen" und einen transparenten Staat Wirklichkeit werden zu lassen. Das bisherige Prinzip werde um 180 Grad umgedreht: Information werde zur Regel, Geheimhaltung zur Ausnahme. Edtstadler sprach angesichts dessen von einem Paradigmenwechsel, der auch Akzeptanz bei den öffentlich Bediensteten erfordere, die das Gesetz anwenden müssen. Für diesen Prozess habe man sich richtigerweise Zeit genommen, sagte sie mit Blick auf die lange Historie des Gesetzes. Die Ministerin führte auch an, dass einzelne Aspekte wie etwa die Stärkung des Interpellationsrechts von Parlamentariern und Verbesserungen für Journalisten im Zuge der Detailverhandlungen mit der SPÖ aufgenommen worden seien. Nun sei der moderne Rechtsstaat da - mit Verständnis für das Informationsbedürfnis der Bürger im 21. Jahrhundert und mit Augenmaß für die Verwaltung.

Das Gesetz für Informationsfreiheit sei leider den Titel nicht wert, fand hingegen Bundesrätin Isabella Theuermann (FPÖ/K). Die Freiheitlichen seien grundsätzlich dafür, das Amtsgeheimnis gegen Informationsfreiheit zu tauschen, die Umsetzung in der vorliegenden Form finde aber nicht ihre Zustimmung. Zentraler Kritikpunkt der FPÖ sei, dass Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern von der proaktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen sind. Damit bleibe eine große Hürde für Transparenz bestehen.

Diese Begründung für die Ablehnung der FPÖ fand Bernadette Geieregger (ÖVP/NÖ) "billig". Denn alle Gemeinden, auch kleine, seien von der passiven Veröffentlichungspflicht umfasst. So würden alle Bürger gewünschte Informationen erhalten, unabhängig vom Wohnort. Das Gesetz sei ausgewogen und effektiv und unterstreiche das Engagement für die Prinzipien der Transparenz und Rechenschaftspflicht. Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) sprach von einem Paradigmenwechsel, der Schulungen und begleitende Maßnahmen für das Verwaltungspersonal nötig mache. Ihr sei es auch ein Anliegen gewesen, dass die Verwaltungen nicht durch Anfragen lahmgelegt werden können.

Aus Sicht von Marco Schreuder (Grüne/W) sei die vorliegende Novelle das "beste Informationsfreiheitsgesetz, das derzeit in der Republik mit ihrer föderalen Verfassung möglich ist". Schreuder zeigte sich auch überzeugt davon, dass das Gesetz Korruption verhindern und das Vertrauen in die Politik stärken werde. Er sah daher auch einen "politischen Kultursprung". Denn das Grundverständnis von Politik werde sich stark verändern. Elisabeth Kittl (Grüne/W) betonte das Grundrecht auf Information über das Handeln von staatlichen und staatsnahen Betrieben als "Riesenschritt". Die Kontrolle staatlichen Handelns durch die Zivilgesellschaft, Medien, Wissenschaft und Opposition sei wichtig, um die Demokratie zu beschützen. Wer gegen das Gesetz stimme, setze aus ihrer Sicht daher ein Zeichen gegen Demokratie.

Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) fand es angesichts der langen Vorgeschichte des Gesetzes gut, dass die Informationsfreiheit nun beschlossen werde. Schließlich hätte es bereits vor vielen Jahren eine beschlussreife Regierungsvorlage gegeben, bevor Sebastian Kurz Kanzler wurde. Für die damalige schwarz-blaue Bundesregierung sei Transparenz ein rotes Tuch gewesen. Grossmann bezeichnete daher die Argumentation der FPÖ zur heutigen Ablehnung als "fadenscheinig". Selbstverständlich seien noch viele Aktivitäten zur Umsetzung des Gesetzes notwendig, neben weiteren Gesetzesänderungen auch eine Schulung des Verwaltungspersonals. Die Novelle trete daher aus gutem Grund erst im September 2025 in Kraft, betonte die Bundesrätin.

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

Tabelle:

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Regelungen der Informationsfreiheit in Österreich
Vorherige Situation | Neue Regelungen ab September 2025
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Amtsgeheimnis war gesetzlich verankert und schützte Informationen der Verwaltung vor Offenlegung | Amtsgeheimnis wird abgeschafft und Bürgern wird ein Recht auf Information gegenüber dem Staat eingeräumt
Öffentliche Stellen waren nicht verpflichtet, Informationen aktiv zu veröffentlichen | Öffentliche Stellen müssen künftig Informationen von allgemeinem Interesse proaktiv veröffentlichen und über ein Informationsregister zugänglich machen
Kommunen waren von der proaktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen | Auch kleine Gemeinden müssen Informationen bei Anfragen von Bürgern und Journalisten innerhalb von vier Wochen beantworten
Ausnahmen von der Informationserteilung waren weitgehend unklar geregelt | Es werden klare Ausnahmen definiert, z.B. bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit, erheblichem finanziellen Schaden oder schwerer Abwägung von Interessen Dritter
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Quelle: Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz / ots

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