Wien-Floridsdorf

Vier Jahre nach dem Wiener Terroranschlag: Ein Blick auf die Deradikalisierung

„Vor vier Jahren erschütterte ein jihadistischer Terroranschlag Wien – Moussa Al-Hassan Diaw von Derad analysiert die verpassten Warnungen und die aktuelle Radikalisierung von jungen Menschen!“

Vor vier Jahren traf ein jihadistischer Terroranschlag Wien und erschütterte die Stadt bis ins Mark. Die Geschehnisse am 2. November 2020 sind bis heute ein Thema von großem Interesse und Diskussionsstoff. Zum Jahrestag interviewte ZackZack Moussa Al-Hassan Diaw, den Leiter des Vereins Derad, der sich mit Deradikalisierung von Extremisten beschäftigt. Seine Schilderungen und kritischen Bewertungen zur politischen Reaktion auf den Anschlag zeigen die komplexen Zusammenhänge im Umgang mit Radikalisierung.

Der Verein Derad, der seit 2015 in der Deradikalisierungsarbeit tätig ist, bietet Unterstützung für extremistische Personen, die vom Gericht zu betreuen sind. Laut Diaw wurden im Laufe der Jahre etwa 700 Klienten betreut, derzeit sind es rund 100, hauptsächlich aus dem islamistischen Spektrum, aber auch aus anderen extremistischen Gruppierungen. Der Dialog und die Arbeit mit diesen Menschen erfolgen in wöchentlichen Sitzungen, oft direkt hinter Gitterstäben oder während der Bewährung.

Politische Reaktionen und Missverständnisse

Der Attentäter von Wien, Kujtim F., war einer der Klienten von Derad. Diaw erklärte, dass der Verein die Radikalisierung des Täters dokumentiert hatte und dass diese nicht unbemerkt geblieben war. Ein Mangel an Informationen über einen versuchten Munitionskauf, die das BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) hatte, führte zu einer kritischen Situation. „Wir hatten nicht die nötige Kommunikation mit den sicherheitsrelevanten Stellen“, so Diaw.

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Nach dem Anschlag äußerte sich der damalige Innenminister Nehammer sehr kritisch zu der Deradikalisierungsarbeit. Er hätte versucht, die Verantwortung für die Versäumnisse dem Gericht und Derad zuzuschieben, was Dias verärgerte. „Wir warten bis heute auf eine Entschuldigung“, betonte Diaw, „und mussten zeitweise sogar Polizeischutz in Anspruch nehmen aufgrund der aggressiven Reaktionen auf unsere Arbeit.“

Der Austausch zwischen Derad und dem Sicherheitsbereich ist aus Sicht von Diaw nach wie vor verbesserungswürdig. Während es früher einen soliden Informationsfluss gab, hat sich die Situation verändert und ist in einigen Aspekten schlechter geworden. Die Kolleginnen und Kollegen des LVT Wien hätten jedoch die Zusammenarbeit verbessert und verstärkt.

Radikalisierung und ihre Facetten

Die Radikalisierung junger Menschen ist ein wichtiges Thema, das Diaw immer wieder anspricht. Er berichtet, dass insbesondere 13- bis 14-Jährige stark gefährdet sind. Diese Generation ist über soziale Medien wie Telegram, WhatsApp, Instagram und TikTok vernetzt. Dort teilen sie nicht nur Inhalte, sondern begeben sich auch in einen Austausch, der sie in tiefere extremistische Überzeugungen treiben kann. „Köpfen, Mord und andere Gewalttaten sind keine Seltenheit in diesen Medien“, warnt Diaw.

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Interessanterweise werden diese Extremisten nicht nur aus Migrantenkreisen rekrutiert, sondern auch viele autochthone Österreicher sind betroffen. Diaw erklärt, dass es letztendlich um eine identitätsstiftende Ideologie geht, die über alle politischen und gesellschaftlichen Grenzen hinweg zu finden ist und „den Hass auf den Westen“ propagiert.

Bei der Deradikalisierung stellt Diaw klar, dass die Bereitschaft der Betroffenen entscheidend ist. Nur wenn die Klienten dazu bereit sind, alternative Perspektiven zu akzeptieren und mit den extremistischen Denkweisen zu brechen, kann eine erfolgreiche Deradikalisierung gelingen. Ein herausfordernder Prozess, der manchmal Jahre in Anspruch nimmt.

Auf die Frage hin, ob es Erfolgsgeschichten gibt, erzählt Diaw, dass viele Klienten tatsächlich einen Schritt zurück von ihren extremistischen Ansichten gemacht haben. Viele dieser ehemaligen Klienten sind nun sogar bereit, ihre Erfahrungen zu teilen und anderen zu helfen, aus der Radikalisierung auszubrechen. Diese positiven Rückmeldungen sind für die Arbeit von Derad enorm wichtig und motivierend.

Finanzielle Unsicherheit bleibt eine ständige Herausforderung für Derad. Diaw klagt darüber, dass die Organisation nur auf Honorarbasis und kurzfristigen Verträgen agiert, was die Planung und Durchführung von langfristigen Projekten erschwert. Er wünscht sich eine solidere finanzielle Unterstützung und eine rechtliche Grundlage, die die entscheidende Arbeit in der Deradikalisierung stabilisiert.

Der Verein Derad wird auch weiterhin unermüdlich für eine Veränderung im Denken und Handeln von extremistischen Personen arbeiten, bleibt aber auf die komplexen Herausforderungen angewiesen, die durch Radikalisierung und die politischen Rahmenbedingungen entstehen. Details zu diesen Themen sind unter anderem in einem ausführlichen Artikel auf zackzack.at nachzulesen.

Quelle/Referenz
zackzack.at

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