Wien und Rom im Wohnkonflikt: Venedigs Pavillon eröffnet neue Perspektiven
Venedig, Italien - Der Österreich-Pavillon auf der Biennale 2023 in Venedig eröffnet eine Plattform für den Austausch über die Wohnsituationen in Wien und Rom. Unter dem Motto, dass ein anderes Land eingeladen wird, um sich selbst zu reflektieren, zielt die Ausstellung darauf ab, die Herausforderungen und Chancen des Wohnens in städtischen Räumen zu thematisieren. Diese Idee entstand nach einer Recherchereise nach Zürich, wo innovative Wohnprojekte untersucht wurden, und fand innerhalb des Kontextes geopolitischer Entwicklungen statt, die auch die Wohnverhältnisse in Wien und Rom prägen.
Besonders kritisch beleuchtet wird die Wohnungsfrage in Rom, die als „Notsituation“ beschrieben wird und historisch bis ins Jahr 1870 zurückreicht. Sechs Projekte in Venedig, darunter „Spin Time“, „Porto Fluviale“ und „Metropoliz“, erzählen von dem Kampf um das Recht auf Wohnen. Diese Projekte repräsentieren eine Umnutzung stillgelegter Orte und verdeutlichen die Dynamik der Veränderungen im städtischen Wohnbau.
Architektonische Konzepte und historische Einblicke
Der Pavillon nutzt die Symmetrie von Josef Hoffmanns Architektur, um die Städte Wien und Rom differenziert zu beleuchten. Eine Installation, die einen von Hoffmann geplanten Pool mit klimagewinner Pflanzen interpretiert, verbindet die ästhetischen und ökologischen Dimensionen der Architektur. Dies spiegelt sich auch in der Geschichte des Wiener Wohnbaus wider, die anhand von acht Themen präsentiert wird, ohne einer strengen chronologischen Darstellung zu folgen.
Im Vorfeld der Biennale fanden umfangreiche Gespräche mit Pionier:innen, Aktivist:innen und Experten aus der Stadtplanung statt. Diese Dialoge sollen das Bewusstsein für die Partizipation der Bürger:innen in Wien schärfen und die Zivilgesellschaft stärken. In einem Vergleich zur Situation in Wien wird auf London verwiesen, wo das „Right to Buy“-Gesetz den sozialen Wohnbau negativ beeinflusste. Im Gegensatz dazu hat Wien in den 1980er Jahren vorausschauend Grundstücke erworben und die Wohnbauproduktion als Teil der Stadtproduktion gestaltet.
Aktuelle Herausforderungen und soziale Bewegungen
Die Problematik des leistbaren Wohnraums zieht sich als roter Faden durch die gesamte Ausstellung. Die Organisation der Wohnraumversorgung in kapitalistischen Städten führt häufig zu Konflikten, wie in vielen Städten Deutschlands zu beobachten ist. Dort gibt es eine lange Tradition sozialer Bewegungen, die sich gegen die Wohnungsknappheit und den Anstieg von Mietkosten zur Wehr setzen. Diese Initiativen reichen von Protesten und Mietstreiks bis hin zu Hausbesetzungen und Mieter:innenvereinen, die direkten Einfluss auf staatliche Wohnungspolitiken ausüben und Lösungen wie den sozialen Wohnungsbau sowie Mieter*innenschutz vorantreiben.
Gleichzeitig wird erkennbar, dass aktuelle Herausforderungen durch neoliberale Wohnungspolitik, Privatisierung und Deregulierung zusätzlich verschärft werden. Diese Aspekte sind nicht nur lokal relevant, sondern haben auch europäische Dimensionen eingenommen, was die Notwendigkeit für eine kritische Auseinandersetzung mit der Wohnungspolitik unterstreicht. Die Biennale soll daher auch als Raum dienen, um zwischen Governance und Bottom-up-Initiativen zu navigieren und Lösungsansätze zu finden.
Einblicke in Lebensrealitäten
Zusätzlich zur architektonischen Darstellung werden Fotografien des Künstlers Armin Linke gezeigt, die Lebensrealitäten in unterschiedlichen Wohnsituationen in Wien und Rom dokumentieren. Kurzfilme und grafische Konzepte vertiefen die behandelten Themen und regen zur Diskussion an. Die 19. Architekturbiennale von Venedig, die vom 10. Mai bis 23. November 2023 stattfindet, wird somit nicht nur zu einem Schaufenster für architektonische Innovation, sondern auch zu einer Plattform für soziale Veränderungen und Diskussionen rund um das Thema Wohnraum.
Zusammenfassend berichtet der Österreich-Pavillon von einem tiefgreifenden Austausch über Wohnsituationen und bietet die Möglichkeit, voneinander zu lernen, insbesondere in Bezug auf den Umgang mit Leerstand und der Organisation gemeinschaftlicher Wohnprojekte in Wien und Rom. Die Diskussionen und Präsentationen während der Biennale sollen neue Perspektiven auf diese Herausforderung der Stadtentwicklung ermöglichen.
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Ort | Venedig, Italien |
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