Bregenz

Von der Erfolgewelle zum Machtverlust: Die Grünen unter Druck

Die Grünen in Österreich stürzen nach einstiger Macht auf einen politischen Nullpunkt – was bedeutet das für ihre Zukunft und die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP?

Vor nicht allzu langer Zeit erlebten die österreichischen Grünen eine beeindruckende Phase des Erfolgs und schienen in vielen Bundesländern den politischen Kurs zu bestimmen. Damals, als Alexander Van der Bellen als Parteivorsitzender zum Bundespräsidenten gewählt wurde, könnte man meinen, die Ökopartei befände sich im Aufwind. Doch die aktuelle Lage ist alarmierend. Die Grünen befinden sich am Rande des politischen Einflusses, nachdem sie in den letzten Wahlperioden zahlreiche Regierungsbeteiligungen verloren haben.

Die Nationalratswahl 2019 stellte mit 13,9 Prozent ihr bestes Wahlergebnis dar, doch nach den letzten Wahlen Ende September 2023 brachen sie auf nur noch 8,2 Prozent ein. Auch die ÖVP, einstiger Partner in der "türkis-grünen" Koalition, erlitt Einbußen, doch die rechtsgerichtete FPÖ unter Herbert Kickl wird von den anderen Parteien gemieden, was die ÖVP in eine starke Position versetzt hat.

Unzufriedenheit unter den Parteien

Aktuell wurde der amtierende Bundeskanzler Nehammer von Bundespräsident Van der Bellen mit der Regierungsbildung beauftragt. Er soll umgehend Gespräche mit den Sozialdemokraten aufnehmen, um eine stabile Regierung zu bilden. Trotz der Möglichkeit, mit den Grünen zu verhandeln, stehen die Zeichen eher schlecht für die Ökopartei.

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Die Neos haben in der letzten Wahl an Zustimmung gewonnen, was die Verhandlungsposition der Grünen weiter schwächt. Besonders feudale Einlassungen von ÖVP-Seite, laut denen Umweltministerin Leonore Gewessler mit ihrer Positionierung gegenüber bestimmten Umweltthemen den Grünen geschadet hat, werfen Schatten auf das Schicksal der Partei. Gewessler wurde sogar von der ÖVP wegen ihrer Abstimmung zu einer EU-Renaturierungsverordnung strafrechtlich angezeigt, was die Spannungen zwischen den Parteien weiter verstärkt hat.

Zusätzlich kam der Wahlverlust der Grünen in Vorarlberg als weiterer Tiefschlag. Ihr Anteil fiel von fast 19 auf 12,4 Prozent. Der Landeshauptmann Markus Wallner machte für diesen Verlust die angebliche ideologische Verhärtung und Abdrift der Grünen nach links verantwortlich, insbesondere in Fragen der Migration und lokalen Verkehrsprojekten.

Der Rückgang der Macht

Der Rückzug der Grünen aus den verschiedenen Landesregierungen in Tirol, Kärnten, Salzburg, Oberösterreich und Wien ist jedoch nicht einfach nur eine momentane Schwäche. Ihre aktuelle Situation verdeutlicht das Fehlen von politischer Flexibilität und eine zunehmende Isolation. In den vergangenen fünf Jahren haben sie zwar in einigen Wahlen Zugewinne erzielt, doch die Verletzung ihrer materiellen Position in den Koalitionen hat zu einer kritischen Wende geführt.

Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Grünen und ihren Koalitionspartnern sind oft auf ideologische Differenzen zurückzuführen. Viele Wähler sehen es als notwendig an, dass die Grünen an ihren Prinzipien festhalten, was aber gleichzeitig bedeutet, dass sie sich in der politischen Auseinandersetzung als unnachgiebig erweisen. Diese Haltung wird von ihren Wählern geschätzt, könnte sie jedoch in der breiteren politischen Landschaft isolieren und zu einem Verlust an Einfluss führen.

Der Verfall des grünen Einflusses ist ein bemerkenswerter Wandel in einer Zeit, in der die gesellschaftlichen Herausforderungen, insbesondere im Bereich der Umwelt und des Klimas, immer drängender werden. Die Grünen müssen sich nun fragen, wie sie aus dieser kritischen Lage herauskommen und wieder ein starkes politisches Standing erreichen können. Ob dies durch eine Rückkehr zu pragmatischen Ansätzen oder durch eine Neubewertung ihrer politischen Ziele geschieht, bleibt abzuwarten. Während sich viele Beobachter fragen, wie die Grünen ihre politische Relevanz behaupten können, bleibt ihre derzeitige Status quo besorgniserregend.


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Quelle
faz.net

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