Die Auseinandersetzung um die wissenschaftliche Untersuchung zu den Missbrauchsfällen in den konfessionellen Heimen Tirols nach 1945 ist in vollem Gange. Ins Zentrum der Debatte geriet Bischof Hermann Glettler, der in einem Vorwort zur nun veröffentlichten Studie in Buchform, genannt "Demut lernen", die wissenschaftliche Qualität des Berichts infrage stellte. Laut Puls24 kritisierte er eine übermäßige Konzentration auf wenige Aussagen, die seiner Meinung nach das Gesamtbild verzerrten. Dies führte zu scharfen Reaktionen, unter anderem von Soziallandesrätin Eva Pawlata, die die Kritik als schockierend bezeichnete und betonte, dass solche Äußerungen die Integrität des Autorenteams gefährdeten und die Schicksale der Opfer bagatellisierten.
Wissenschaftliche Standards in der Kritik
Die umstrittene Studie beschreibt auf 400 Seiten die Schicksale ehemaliger Heimkinder aus dem Mädchenheim Martinsbühel, das 2008 von den Benediktinerinnen geführt wurde. Jetzt, wo die Untersuchung auch in Buchform erscheint, erklärte Glettler, dass die Aufarbeitung nicht nur für die Vergangenheit von Bedeutung sei, sondern auch für die gegenwärtigen Missbrauchspräventionsstrategien. So betonte er in einem Interview mit ORF, dass das Wohl der Opfer im Mittelpunkt stehen müsse. Gleichzeitig äußerte er Bedenken über die häufigen Änderungen in der Aktenlage und verlangte eine tiefere Untersuchung der Verhältnisse im Heim Thurnfeld, weil neue Dokumente ans Licht gekommen seien.
Nach den ersten Veröffentlichungsschüben hatten sich etwa 100 ehemalige Kinder des Heims bei der Ombudsstelle der Diözese Innsbruck gemeldet. Nach der Bekanntwerdung der Missbrauchsvorwürfe im Jahr 2010 richtete das Land eine unabhängige Entschädigungskommission ein. Glettler stellte nun klar, dass jeder Missbrauchsfall einer zu viel sei und bot den Betroffenen erneut seine Vergebung an, während die Diözese betonte, bereits 7,7 Millionen Euro an Entschädigungen zur Verfügung gestellt zu haben. Diese Spannung zwischen der Aufarbeitung der Taten und der Verantwortung gegenüber den schützenden Institutionen bleibt angespannt. Der Bischof führt zudem aus, dass der Weg zur vollständigen Transparenz und Anerkennung des erlittenen Unrechts ein fortwährender Prozess ist.