Am Sonntag wurde der renommierte Schriftsteller David Grossman mit dem Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels ausgezeichnet. Benedikt Föger, der Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels, hob in seiner Ansprache die Bedeutung der Hoffnung und die Dringlichkeit hervor, den Frieden nicht aufzugeben. Diese Ehrung wurde im Rahmen der Europäischen Literaturtage verliehen, die 2025 zum 17. Mal stattfinden werden.
In einer emotionalen Laudatio würdigte der Literaturkritiker und Kulturwissenschaftler Lothar Müller Grossman als einen „Brückenbauer“ zwischen den Bereichen Religion, Menschenrechte und Menschenwürde. Grossman selbst äußerte in einem Gespräch mit der Journalistin Rosie Goldsmith, dass die Geschehnisse nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023 für ihn einen „absoluten Albtraum“ darstellen. Er beschreibt die aktuelle Situation für Israel als „katastrophal“ und zeigt sich besorgt, dass das Land in Zukunft keine Demokratie mehr sein könnte.
Besorgnis über Antisemitismus
Der Schriftsteller warnt, dass der Antisemitismus in der Gesellschaft zunehmen wird, „wie brennende Kohle im Wind“. Trotz seiner Zweifel und Sorgen hat Grossman jedoch nicht die Absicht, Israel zu verlassen. Dennoch gesteht er, dass es immer schwieriger werde, eine positive Beziehung zu seinem Heimatland aufrechtzuerhalten, insbesondere aufgrund der Gewöhnung an die Rolle des Besatzers. Zum Thema Boykottmaßnahmen gegenüber Israel äußert er sich ablehnend; er ist der Ansicht, dass solche Maßnahmen die falschen Personen treffen würden, die sich für Dialog und Kommunikation einsetzen.
Ein zentrales Anliegen für Grossman ist die Verteidigung des Dialogs und der Kommunikation. Auf die Frage nach seinem Mut in der aktuellen Lage antwortete er, dass jeder, der sich von der Brutalität der derzeitigen Situation distanziert, dem Untergang geweiht sei. Seiner Meinung nach könne er als Israeli und Jude kein Opfer sein; vielmehr müsse er die Verantwortung für seine Haltung und seine Ansichten übernehmen.
Der kreative Prozess des Schreibens
Grossman spricht auch über seinen Schaffensprozess und erklärt, dass seine Bücher für ihn die verschiedenen Stationen seines Lebens repräsentieren. „Ich schreibe Bücher, wenn sie unvermeidlich sind“, verrät er und beschreibt das Schreiben als einen Prozess, der ihm hilft, seine eigenen Gefühle zu verstehen und mit dem Leid umzugehen. Er betrachtet sich als einen „Masseur von Metaphern“, wobei das kreative Schreiben eine der wenigen Möglichkeiten darstellt, um den emotionalen Herausforderungen des Lebens zu begegnen.
David Grossman, 1954 geboren, ist ein vielseitiger Autor, der nicht nur Kinder- und Jugendbücher, sondern auch Romane und Essays verfasst. Seine politischen Ansichten und sein Engagement für den israelisch-palästinensischen Dialog wurden bereits mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt, darunter der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels im Jahr 2010 sowie der Marion-Dönhoff-Preis im Jahr 2024. Seine neueste Veröffentlichung „Frieden ist die einzige Option“ erschien 2024 auf Deutsch.
Der Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln wird seit 2017 verliehen und entwickelt sich jährlich zu einem wichtigen Event im literarischen Kalender Europas. Walter Grond, der Leiter des Festivals, hat bereits die nächsten Termine für die 17. Auflage, die vom 20. bis 23. November 2025 stattfinden soll, angekündigt.