Herbstzeit ist Erkältungszeit, und in Deutschland sind die ersten Anzeichen von Atemwegserkrankungen bereits deutlich spürbar. In diesem Jahr richtet sich der Blick besonders auf atypische Lungenentzündungen, die vor allem bei Kindern zunehmen. Ein Hauptauslöser dafür sind Mykoplasmen, ein spezifischer Typ von Bakterien, die teils sehr widerstandsfähig gegen herkömmliche Antibiotika sind. Diese Situation lässt Ärzte und Fachleute aufhorchen.
Mit dem Einsetzen kühlerer Temperaturen und der langen Dauer von Erkältungen zeigt sich eine besorgniserregende Tendenz. „Diese so genannten atypischen Lungenentzündungen sind nicht einfach zu diagnostizieren und können ernsthafte Folgen haben“, erklärt Dr. Dilek Önaldi-Gildein, die bei Kindern und Jugendlichen eine auffällige Häufung von Fällen beobachtet hat. Symptome wie hohes Fieber und langanhaltender Husten sind dabei häufig. Das Uniklinikum Erlangen hebt hervor, dass Mykoplasmen-Infektionen weltweit verbreitet sind und gerade bei den Jüngsten oft Tracheobronchitis oder atypische Pneumonien verursachen.
Widerstandsfähige Erreger und ihre Auswirkungen
Die Übertragung von Mykoplasmen erfolgt aerogen, also durch die Luft. Dies führt dazu, dass sich die Infektionen nicht nur in Familien, sondern auch in größeren Gruppen wie Schulen und Kindergärten schnell verbreiten können. Angesichts der geringen Größe und der besonderen Eigenschaften der Mykoplasmen ist es für behandelnde Ärzte oftmals eine Herausforderung, den richtigen Behandlungsweg zu finden. „Reguläre Antibiotika sind meist nicht wirksam“, erläutert die Allgemeinärztin Nicola Buhlinger-Göpfart. Stattdessen sind spezielle Antibiotika erforderlich, um die Infektion zu bekämpfen.
Gerade bei dieser Patientenpopulation zeigen sich jedoch häufig atypische Verläufe. „Die Krankheit ist nicht sofort erkennbar, sodass die Diagnose oft verspätet gestellt wird“, so Buhlinger-Göpfart. Besorgte Eltern oder Lehrer müssen daher wachsam sein und die Symptome im Auge behalten.
Ein Anstieg der Fälle oder Panikmache?
Die aktuelle Lage sorgt für unterschiedliche Reaktionen unter Medizinern. Während einige wie Till Reckert, ein Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Baden-Württemberg, von einer „Erkrankungswelle“ sprechen, sieht Professor Torsten Bauer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, die Situation eher entspannt. „Wir warnen vor Panikmache“, sagte er gegenüber der Berliner Morgenpost und betonte, dass die derzeitigen Zahlen im Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren keinen signifikanten Anstieg zeigen würden. Es fehlen jedoch präzise Erhebungen, um die aktuellen Trends umfassend zu bewerten, da Mykoplasmen-Infektionen nicht meldepflichtig sind und somit keine exakten Statistiken vorliegen.
Ein weiterer Faktor, der in den letzten Monaten diskutiert wurde, ist die Wirkung von Masken während der Corona-Pandemie. Laut Bauer haben die FFP-2-Masken auch eine Schutzwirkung gegen Mykoplasmen, da diese größer sind als viele Viren. Nachdem die Maskenpflicht gelockert wurde, scheinen Atemwegserkrankungen wieder häufiger aufzutreten.
Interessanterweise zeigt eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2024, dass im ersten Quartal 2023 ein globaler Anstieg der Mykoplasmen-Infektionen im Vergleich zu den Jahren der Corona-Pandemie festgestellt wurde. Die Forscher fördern die Hypothese, dass die Herdenimmunität durch die Abstands- und Hygienemaßnahmen während der Pandemie abgenommen hat. Solche Beobachtungen, wenn sie sich bewahrheiten, könnten wichtige Erkenntnisse über die Gewöhnung des Immunsystems an Erreger liefern.
Die Berichterstattung über die aktuelle Gesundheitslage muss also differenziert betrachtet werden. Während einige Mediziner Alarm schlagen, stehen andere kritisch gegenüber einer Überdramatisierung der Situation. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Infektionszahlen entwickeln und welche Strategien zur Bekämpfung von Mykoplasmen-Infektionen ergriffen werden.
Hinweis: Die in diesem Artikel genannten Informationen ersetzen nicht den Gang zu einem Arzt oder einer Ärztin. Bei Symptomen sollte stets professionelle medizinische Hilfe in Anspruch genommen werden.
Für mehr Informationen zu den aktuellen Entwicklungen und Berichten über Mykoplasmen-Infektionen, besuchen Sie die Artikel auf www.merkur.de.
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