Amstetten

Lärmbelästigung und Vergessen: Gräber der NS-Euthanasieopfer in Mauer

Ein Autolärm-Drama in Mauer: Die B121 hat geheimnisvolle NS-Gräber verschluckt – Historiker entdecken schockierende Wahrheiten über das düstere Kapitel der Vergangenheit!

Die kleinen Straßen und Wege in Mauer, einem beschaulichen Ort im Bezirk Amstetten, haben eine Schattenseite, die nun ans Licht kommt. Im Jahr 2001 begannen umfangreiche Straßenbauarbeiten an der Bundesstraße B121, die nicht nur den Verkehr, sondern auch die Geschichte des örtlichen Friedhofs nachhaltig veränderten. Dabei blieben Gräber, speziell die von NS-Opfern, unter dem Asphalt verborgen und wurden damit Teil eines anhaltenden Schweigens über die dunkle Zeit der nationalsozialistischen Verbrechen.

Philipp Mettauer, Historiker am Institut für jüdische Geschichte, erklärt, dass mindestens 80 Gräber entlang der B121 aufgegeben wurden, von denen 40 mit Opfern der Euthanasie-Programme des NS-Regimes belegt waren. Diese längst vergessenen Geschichten kommen nun im Rahmen eines Forschungsprojekts ans Licht, das die Geheimnisse des Friedhofs und die ungewisse Zahl der unter Asphalt begrabenen Menschen ergründen soll.

Die dunkle Geschichte von Mauer-Öhling

Die Heil- und Pflegeanstalt Mauer-Öhling, eine der größten ihrer Art in der damaligen Ostmark, war der Schauplatz tragischer Schicksale. Hier starben etwa 2.400 Menschen, darunter psychiatrische Patienten, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Erst 2019 wurde das wahre Ausmaß dieser Verbrechen durch eine eingehende Untersuchung bekannt.

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Die Messungen mittels geomagnetischer und radarbasierter Techniken zeigen, dass der Friedhof keine bloße Wiese ist. Archäologe Volker Lindinger stellt fest, dass die Särge aufgrund der Überbelegung dicht nebeneinander liegen. „Das war hier sehr dicht belegt“, beschreibt er das Bild, das ihm die neuesten Messungen zeigen.

Ein besonders tragisches Kapitel bildet das Gräberfeld, das nur wenige Wochen vor Kriegsende zum Schauplatz eines Verbrechens wurde. 200 Menschen wurden in Massengräbern beigesetzt, und deren Identität bleibt weitgehend unbekannt. Mettauer erläutert, dass aufgrund der Straßenbauarbeiten das Feld verkleinert wurde, was die Suche nach diesen Opfern zusätzlich erschwert.

Der vergessene jüdische Teil des Friedhofs

Ein weiterer Aspekt, der der Öffentlichkeit wenig bekannt ist, betrifft den jüdischen Teil des Friedhofs. In den 1960er Jahren wurde dieser verkleinert, um Platz für eine Unterführung zu schaffen. Historiker Mettauer bezeichnet dies als beinahe vergessenes Kapitel und fragt sich, wie viele Gräber dabei verloren gingen. Die Aufzeichnungen dokumentieren lediglich den Fund von wenigen Knochen, was Mettauer als „unrealistisch“ bezeichnet.

Trotz der finsteren Vergangenheit wird die Aufarbeitung nun mit frischem Wind vorangetrieben. Im Vorfeld der Landesausstellung 2026 gibt es mehr Unterstützung für die Forschung und das Gedenken. Das Institut für jüdische Geschichte hat bereits Kontakt zu vielen Nachfahren von Opfern geschlossen. „Ich erhalte wöchentlich Anfragen von Nachkommen, die nach den Gräbern ihrer Vorfahren suchen“, berichtet Mettauer.

Das Ziel ist es, den einst anonym gewordenen Patienten ihre Identität zurückzugeben. Mithilfe von alten Friedhofsprotokollen soll bis zur Eröffnung der Landesausstellung eine Datenbank erstellt werden, die Namen und die Standorte der Gräber der NS-Euthanasieopfer enthalten soll. Der Historiker ist optimistisch: „Es gibt viele Menschen, die mit dieser Forschung einen Platz zum Trauern und Gedenken suchen.“ Mehr Details zu diesem Thema finden sich in einem ausführlichen Bericht auf noe.orf.at.

Damit wird nicht nur ein wichtiges Kapitel der Geschichte aufbereitet, sondern auch ein Schritt in Richtung Versöhnung und Erinnerung an die tragischen Schicksale von Menschen, die oft in Vergessenheit gerieten.


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Quelle
noe.orf.at

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