Die Kulturpolitik Österreichs steht vor einem Wandel, da Andrea Mayer, die seit Mai 2020 als Kunststaatssekretärin tätig war, ihre Position verlässt. Mayer, die zuvor als Beamtin und Kunstsektionsleiterin gearbeitet hatte, trieb als pragmatische Führungspersönlichkeit diverse wichtige Projekte voran, ohne sich von parteipolitischen Zielen leiten zu lassen. Ihre Nominierung geschah im Kontext der Herausforderungen, die die Corona-Pandemie für die Kulturszene mit sich brachte.
Ein zentrales Anliegen von Mayer war es, die Kunst- und Kulturszene möglichst unbeschadet durch die Pandemie zu steuern. In dieser Zeit wurde das Kulturbudget signifikant angehoben, von 466 Millionen Euro auf beachtliche 669 Millionen Euro. Dies war nicht nur eine Reaktion auf die pandemiebedingten Herausforderungen, sondern auch ein langfristiges Engagement für eine nachhaltige Kulturfinanzierung.
Wichtige Maßnahmen und Entwicklungen
Unter ihrer Ägide wurden mehrere bedeutende Initiativen gestartet. Ein Fokus lag auf dem Thema „Fair Pay“ in der freien Kulturszene, um faire und gerechte Bezahlungen sicherzustellen. Zudem wurde das Filmförderungsmodell ÖFI+ eingeführt, die gemeinsame Bundesmuseen Card implementiert und steuerliche Vorteile für Kulturspenden geschaffen. Auch das neue Denkmalschutzgesetz wurde in dieser Zeit verabschiedet – alles Maßnahmen, die auf eine Reform des Kulturbereichs abzielten.
Ein weiteres großes Projekt war die Verlegung des Hauses der Geschichte Österreich von der Neuen Burg ins Museumsquartier, für die das Architekturteam Ortner & Ortner den Wettbewerb gewann. Während Mayer visionär arbeitete, entschied sie sich gegen die Gründung einer Holding für die Bundesmuseen, was in der Branche als strategische Entscheidung verstanden wurde. Stattdessen wollte sie den Fokus auf bereits bestehende und gut funktionierende Strukturen legen.
In ihrer Rolle als Entscheidungsträgerin bewies sie ein gutes Gespür für wichtige Personalentscheidungen. Unter der neuen Direktion von Lotte de Beer zeigte die Volksoper erfreuliche Fortschritte. Mayer ließ sich auch nicht von Martin Kušej, dem Direktor des Burgtheaters, unter Druck setzen, was sich positiv auf ihre Entscheidungen auswirkte. Sie berief Stefan Bachmann an die Spitze des Burgtheaters, nachdem Kušej in der Krise zurückgeblieben war.
Die Suche nach den geeignetsten Köpfen für kulturelle Institutionen zeigte sich als ein Markenzeichen von Mayers Amtszeit. Sie hatte keine Vorurteile hinsichtlich Geschlecht, was in der besetzten Positionen deutlich wird. Jonathan Fine wird ab Januar 2025 für das Kunsthistorische Museum (KHM) verantwortlich sein, während Ralph Gleis die Albertina leiten wird. Gleichzeitig gab es jedoch auch Herausforderungen: Lilli Hollein, die seit Herbst 2021 das MAK leitet, konnte bislang nicht die Erwartungen erfüllen, die in sie gesetzt wurden, und Stoff für Diskussionen gab es auch rund um die Ernennung von Fatima Hellberg, die 2025 das Mumok übernimmt.
Andrea Mayers Rücktritt markiert somit einen Wendepunkt in der österreichischen Kulturpolitik. Ihre pragmatischen Ansätze und erfolgreichen Initiativen könnten als Beispiel für die zukünftige Entwicklung in der Politik des Kulturbereichs gelten.