Inklusion in der Bildung: Warum kaum Lehrer sich spezialisieren!

In Wien zeigt eine aktuelle Studie, dass nur wenige Lehrkräfte Inklusion als Schwerpunkt wählen, trotz gesetzlicher Vorgaben.
In Wien zeigt eine aktuelle Studie, dass nur wenige Lehrkräfte Inklusion als Schwerpunkt wählen, trotz gesetzlicher Vorgaben. (Symbolbild/DNAT)

Inklusion in der Bildung: Warum kaum Lehrer sich spezialisieren!

Vienna, Österreich - In Österreich ist die Ausbildung von Lehrern für inklusive Bildung ein drängendes Thema. Seit 2015 gibt es keine eigenständige Ausbildung für Sonderschullehrer mehr. Anstelle dessen können Lehrkräfte einen Schwerpunkt in Inklusion wählen, jedoch entscheiden sich nur wenige Absolventen dafür. Laut einer parlamentarischen Anfrage wählten im Studienjahr 2022/23 lediglich 17 % der 1.400 Bachelorabsolventen im Volksschulbereich diesen Schwerpunkt. Unter den knapp 660 Masterabsolventen waren es gerade einmal 6 % und in der Sekundarstufe wiesen nur knapp 5 % der fast 1.950 Bachelorabsolventen eine Spezialisierung in Inklusion auf. Bei den 910 Masterabsolventen der Sekundarstufe betrug dieser Anteil sogar nur 2 %. Diese Zahlen verdeutlichen den geringen Stellenwert, den das Thema Inklusion in der Lehrerausbildung momentan hat, berichtet vienna.at.

Die Lehrergewerkschaft fordert seit einem Jahrzehnt die Wiedereinführung einer eigenen Sonderschullehrerausbildung. Unterstützt wird diese Forderung unter anderem von Martin Polaschek (ÖVP), der im Übereinstimmung mit dem Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und NEOS steht, wonach sowohl ein Pflichtmodul Inklusive Pädagogik für alle Lehramtsstudierenden als auch eine eigenständige Lehramtsausbildung für Inklusion und Sonderpädagogik angestrebt wird. Andreas Schnider, Leiter des Qualitätssicherungsrats, sieht hierin eine qualitativ überlegene Ausbildung, die den inklusiven Modellen zugutekommt.

Aktuelle Statistiken und regionale Unterschiede

Laut Statistik Austria wurden im Schuljahr 2023/24 rund 29.700 Kinder und Jugendliche mit Sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) registriert, was 4,8 % aller Kinder an Pflichtschulen entspricht. Auffällig ist, dass Jungs und Schüler, die im Alltag kein Deutsch sprechen, unter den SPF-Schülern überrepräsentiert sind. Zudem gibt es große Unterschiede zwischen den Bundesländern hinsichtlich des Anteils von Schülern mit SPF. In Tirol etwa hatten nur 2,5 % der Pflichtschüler einen SPF, während in anderen Bundesländern dieser Anteil mehr als doppelt so hoch war. Der Anteil der integrativ unterrichteten SPF-Schüler schwankt zudem erheblich: In der Steiermark werden 84 % dieser Schüler integrativ unterrichtet, während in Wien der Anteil bei weniger als 50 % liegt.

Der Druck zur Verbesserung der inklusiven Bildung ist nicht nur in Österreich spürbar. Die UN-Generalversammlung verabschiedete 2006 das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK), welches inklusive Bildung als Menschenrecht verankert. Artikel 24 fordert, dass Kinder und Jugendliche nicht aufgrund von Behinderungen von Bildung ausgeschlossen werden. Bis heute haben 177 Staaten das Übereinkommen ratifiziert und sich verpflichtet, inklusive Bildungssysteme zu gewährleisten, was zu einer globalen Diskussion über den Zugang zu Bildung für Menschen mit Behinderungen geführt hat, wie bpb.de hervorhebt.

Chancen und Herausforderungen in Deutschland

In Deutschland wird die inklusive Bildung ebenfalls intensiv diskutiert. Erstaunlicherweise zeigt sich, dass zwei Drittel der als behindert geltenden Schüler in Sonderschulen untergebracht sind, was die Debatte über die Überwindung solcher segregierenden Strukturen anheizt. Auch hier wird das Ziel verfolgt, das inklusive Bildungssystem zu verbessern, jedoch sind die Debatten kontextabhängig. Während Nigeria den Zugang für Kinder mit Behinderungen zum Schulsystem verbessern möchte, liegt der Fokus in Deutschland auf dem Ausbau des gemeinsamen Lernens. Der UN-BRK, die seit 2009 in Deutschland gilt, verleiht den Bestrebungen zur inklusive Bildung zusätzlichen Nachdruck, wie bpb.de aufzeigt.

Inklusion wird oft nur als Förderung für Menschen mit Behinderungen verstanden, dabei sollte der breite Inklusionsbegriff auch soziale Herkunft, Armut, Geschlecht und andere Diskriminierungsformen umfassen. Um erfolgreiche Lernumgebungen zu schaffen, bedarf es individueller Lernwege und finanzieller Ressourcen. Bildungsausgaben in Deutschland sind im internationalen Vergleich niedrig, was die Umsetzung erschwert. Außerdem ist der Mangel an Lehrkräften eine Herausforderung, die in Zukunft die Situation weiter verschärfen könnte.

Details
OrtVienna, Österreich
Quellen