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Die Geschichte der Parlamentsbibliothek: Prägende Persönlichkeiten und spannende Entwicklungen

Die Parlamentsbibliothek hat eine lange und bedeutende Geschichte, die vor 155 Jahren begann. Aufgrund der Allerhöchsten kaiserlichen Entschließung von Kaiser Franz Joseph I. wurde die Parlamentsbibliothek gegründet, um den Bedarf der Abgeordneten an unabhängiger Informationsversorgung zu erfüllen. Der Grundstein für diese Institution wurde gelegt, um den Abgeordneten einen eigenen Ort zur Verfügung zu stellen, der den Anforderungen einer Bibliothek gerecht wurde.

Die Ursprünge der Parlamentsbibliothek lassen sich auf den Staatsrat zurückführen. Rund 6.000 Bände des aufgelösten Staatsrats bildeten den Kern der Bibliothek, die damals in den Räumlichkeiten des ehemaligen Staatsratsgebäudes untergebracht war. Später wurde der Grundstein für das Parlamentsgebäude an der Wiener Ringstraße gelegt. Die neue Bibliothek des Reichsrats wurde vorerst in den Räumen des Staatsrats belassen, da im provisorischen Gebäude für das Abgeordnetenhaus kein Platz für eine Bibliothek vorgesehen war.

In den 24 Jahren seiner Tätigkeit als Direktor der Parlamentsbibliothek trug Sigfried Lipiner maßgeblich zum Ausbau der Bestände und zur Weiterentwicklung der Einrichtung bei. Lipiner war eine bedeutende Persönlichkeit des kulturellen und intellektuellen Lebens in Wien um die Jahrhundertwende und unterhielt Kontakte zu Friedrich Nietzsche, Richard Wagner und Gustav Mahler.

Ein weiterer bekannter Leiter der Parlamentsbibliothek war Karl Renner. Obwohl er zu seinem Vorstellungsgespräch bei Sigfried Lipiner eine Stunde zu spät erschien, überzeugte er und arbeitete dort bis zur Einführung des allgemeinen Männerwahlrechts. Karl Renner bekleidete später die höchsten Ämter des Landes und sein von ihm erarbeiteter Materienkatalog blieb bis 1994 in der Parlamentsbibliothek im Einsatz.

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Die Rolle von Frauen in der Geschichte der Parlamentsbibliothek ist ebenfalls erwähnenswert. Dr. Hilda Rothe, eine der ersten Frauen mit Hochschulabschluss im Inneren Dienst, setzte sich während der Zeit des Nationalsozialismus für den Erhalt der Bibliothek ein. Durch Verhandlungen konnte sie die Auflösung der Bibliothek bis zum Kriegsende in Wien verzögern. Elisabeth Dietrich-Schulz wurde 1992 die erste Frau, die die Leitung der Parlamentsbibliothek übernahm.

Heute beherbergt die Parlamentsbibliothek eine umfangreiche Sammlung von 370.000 Büchern, 46.000 Aufsätzen und 260 nationalen und internationalen Fachzeitschriften und Zeitungen. Besucher schätzen die ruhige Atmosphäre und die Möglichkeit, in einem historischen und bedeutenden Gebäude zu lernen. Nach der Wiedereröffnung des Parlamentsgebäudes zieht die Bibliothek auch zwei Ausstellungen an. Eine informiert über die Gefahren des Antisemitismus, während die andere die Bedeutung von Sprache und Schrift im Parlament zeigt.

Die Parlamentsbibliothek ist heute eine Freihand- und Entlehnbibliothek, die den Abgeordneten und Besuchern eine umfassende Informationsquelle bietet.

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