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Die bedrückende Realität: Retraumatisierung von Flüchtlingen an EU-Grenzen

Kinder ohne Tagesstruktur: Die Herausforderungen des Familiennachzugs

In vielen europäischen Ländern gibt es Diskussionen über die Schaffung von Erstaufnahmezentren an den Außengrenzen der EU, um die Asylanträge von Flüchtlingen zu bewerten und Schnellverfahren durchzuführen. Die Therapiekoordinatorin des Betreuungszentrums Hemayat in Wien, Nora Ramirez Castillo, äußert Bedenken hinsichtlich dieser Pläne aus psychologischer Sicht. Sie betont die retraumatisierende Wirkung für Menschen, die bereits in ihrer Heimat inhaftiert oder gefoltert wurden, wenn sie erneut unter haftähnlichen Bedingungen geraten.

Misshandlungen an den EU-Außengrenzen

Ramirez Castillo weist darauf hin, dass Misshandlungen und retraumatisierende Erlebnisse an den EU-Außengrenzen keine Seltenheit sind. Das brutale Vorgehen gegen Migranten in Ländern wie Griechenland und bei Pushbacks an verschiedenen Grenzen verstärkt das Leid von Menschen, die ohnehin schon vulnerabel aufgrund ihrer traumatischen Erfahrungen sind. Diese Situationen können zu psychischen Belastungen führen und das Leiden der Betroffenen verschlimmern.

Hemayat ist eine Organisation, die Folteropfern hilft und psychotherapeutische Unterstützung anbietet. Mit Unterstützung aus verschiedenen Quellen betreuen sie derzeit Menschen aus verschiedenen Herkunftsländern, die in Österreich Schutz suchen. Ramirez Castillo beschreibt die Herausforderungen, vor allem im Zusammenhang mit dem Familiennachzug anerkannter Flüchtlinge. Sie verdeutlicht, wie das lange Warten auf diese Wiedervereinigung für die Betroffenen zu einer enormen psychischen Belastung werden kann.

Härten für Kinder und Familien

Ein wachsendes Problem ist die Familienzusammenführung, das in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Besonders Kinder leiden unter den Veränderungen, wenn ihre Familien wieder vereint werden, da sie oft keine Tagesstruktur oder geregeltes Leben kennen. Dies zeigt sich nicht selten in der Schule, wo Lehrer auf die psychischen Probleme der Schüler hinweisen. Ramirez Castillo erzählt von einem Fall, in dem ein elfjähriger Junge aus Syrien aufgrund mangelnder Schulerfahrung und persönlicher Unsicherheiten falsch eingeschätzt wurde und therapeutische Unterstützung benötigte.

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Die Arbeit von Hemayat zielt darauf ab, Familien dabei zu unterstützen, sich wieder zusammenzufinden und den Kindern eine sichere Umgebung zu bieten, um ihre Ängste und Konflikte zu bewältigen. Ramirez Castillo betont, dass die therapeutische Hilfe nicht nur den Betroffenen, sondern der gesamten Gesellschaft zugutekommt. Ein erfolgreich integriertes Kind, das die Schule abschließt und später einen Beruf erlernt, ist für alle von Vorteil.

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