Die Trauben, die für den berühmten Ruster Ausbruch verwendet werden, sehen auf den ersten Blick alles andere als appetitlich aus. Mit ihrem schrumpeligen Äußeren und ihren ungewöhnlichen Farbnuancen scheinen sie nicht die besten Voraussetzungen für einen Wein zu bieten. Dennoch ist es genau dieses besondere Aussehen, das auf die inneren Werte hinweist, die für die Herstellung dieser einzigartigen Weinsorte entscheidend sind. Der Ruster Ausbruch ist nicht nur ein geschätztes Produkt, sondern auch die älteste Herkunftsbezeichnung für Wein in Österreich, die seit über 500 Jahren Tradition hat.
Günter Triebaumer, ein renommierter Winzer aus der Region, erinnert sich an die Zeiten, als Süßweine den Wohlstand von Rust maßgeblich beeinflussten. "Ohne Süßwein hätte Rust nicht seinen Wohlstand erreicht", erklärte er. Dafür gibt es einen historischen Kontext: Im Jahr 1524 erhielten die Weinbauern in Rust das Privileg, ihre Weinfässer mit einem speziellen "R" zu kennzeichnen, was ihren hochwertigen Wein kennzeichnete. Diese Tradition steht in engem Zusammenhang mit der geografischen Lage am Neusiedlersee, die die perfekten Bedingungen für den Anbau von Süßwein bietet.
Veränderungen im Geschmack
Die Wahrnehmung von Süßweinen hat sich im Laufe der Jahre verändert. Triebaumer merkt an, dass heutzutage viele Weinliebhaber ein zwiespältiges Verhältnis dazu haben. Die Geschehnisse im Weinskandal der 1980er-Jahre haben sicherlich auch Spuren hinterlassen. „Mein Vater Paul hat vor dem Weinskandal rund 80 Prozent Süßwein gemacht“, so Triebaumer. In den 1990er-Jahren erlebte der Süßwein jedoch eine Renaissance.
Die Vorliebe für trockene Weine hat in der aktuellen Generation stark zugenommen. „Viele Menschen haben negative Jugenderinnerungen mit Süßweinen verbunden“, erklärt er weiter. Das sei schade, da die Herstellung von Süßweinen als eine der edelsten Formen der Weinproduktion gilt. „Trockene Weine gelten als gesünder“, erklärt Triebaumer, „aber das, was wir machen, ist äußerst konzentriert und wertvoll.“
Das Geheimnis hinter dem Ruster Ausbruch
Ein zentraler Faktor für den einzigartigen Geschmack des Ruster Ausbruchs ist der Botrytis cinerea, ein Schimmelpilz, der als Edelfäule bekannt ist. Dieser Pilz sorgt dafür, dass die Trauben bei optimalen klimatischen Bedingungen, die seit Jahrhunderten in der Region vorherrschen, verdorren, ohne komplett zu verrotten. Die Kessellage am Neusiedlersee ist entscheidend für dieses Phänomen. Triebaumer erklärt, dass durch die warmen Tage und kühlen Nächte, ergänzt durch ständigen Wind, die Trauben austrocknen, während Zucker und Säure in den Beeren konzentriert bleiben.
Die Herstellung dieser Weinsorte erfordert auch heute eine aufwendige Handarbeit: Die eingetrockneten Trauben müssen oft in mehreren Durchgängen von Hand gesammelt werden. Diese Methodik verleiht dem Namen "Ausbruch" eine besondere Bedeutung, da sie das herausbrechen der getrockneten Trauben beschreibt. Auch die Philosophie der Süßweinherstellung hat sich im Vergleich zu den 1980er Jahren verändert; die heutigen Weine sind hell, klar und fruchtig und unterscheiden sich stark von ihren Vorgängern.
Obwohl die Nachfrage nach hochprädikatierten Süßweinen in Österreich in den letzten Jahren nicht im gleichen Maße gestiegen ist wie möglicherweise verdient, ist die internationale Anerkennung unbestritten. Ideal für den Botrytis-Pilz sind Regionen wie Tokaj in Ungarn, Sauternes in Frankreich und der Rheingau in Deutschland. Die Frühjahrsfeuchtigkeit ist entscheidend für das Wachstum des Pilzes, während trockene Bedingungen am Tag notwendig sind. Triebaumer warnt jedoch, dass diese speziellen Umweltbedingungen in anderen Regionen, wie den USA, nicht erfolgreich nachgeahmt werden konnten. Dies verdeutlicht die einzigartige Bedeutung der geographischen Gegebenheiten für die Weinproduktion.
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