Damaskus. Ein dunkles Kapitel geht zu Ende, aber was kommt danach? Der Sturz des Assad-Regimes in Syrien sorgt weltweit für gemischte Gefühle. Einerseits liegt Erleichterung in der Luft, denn eine brutale Herrschaft, die einen großen Teil des syrischen Volkes unterdrückte, hat ein Ende gefunden. Doch die Ungewissheit wächst: Dschihadistische Milizen, besonders die Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), ergreifen das Ruder, und die Sorge um die christliche Minderheit, die etwa 10 Prozent der Bevölkerung ausmacht, wächst. Diese waren bislang unter dem Schutz des Assad-Regimes, welches selbst einer Minderheit, den Alawiten, angehört. Aber nun, inmitten politischer Umwälzungen, stellt sich die Frage: Wird sich die Lage der Christen verbessern oder verschlechtern?
Pierre-Jean Luizard, ein Nahost-Experte, warnt eindringlich davor, dass die christlichen Gemeinschaften am Rande der Auslöschung stehen könnten. Seine düstere Prognose basiert auf seiner Überzeugung, dass das jahrzehntealte politische System kippt, das den Christen bislang zumindest ein Mindestmaß an Sicherheit gewährte. Die HTS hat enge Verbindungen zu dschihadistischen Ideologien, welche die Christen bedrohen könnten.
Ein fragiler Schutz für Minderheiten?
Die Rebellengruppen geben sich großmütig und versprechen den Schutz der Minderheiten. Doch wie viel sind diese Versprechen wirklich wert? Nach Angaben des katholischen Hilfswerks Missio gibt es derzeit keine dokumentierten Übergriffe gegen Christen oder andere religiöse Minderheiten. Der Vorsitzende Dirk Bingener zeigte sich optimistisch, räumte jedoch die volatile Natur der derzeitigen politischen Landschaft ein. Die Deutsche Bischofskonferenz bleibt wachsam und versucht verzweifelt, den Kontakt zu den syrischen Ortskirchen und Persönlichkeiten wie Patriarch Johannes X. Jasidschi zu halten.
Bente Scheller, eine Politikwissenschaftlerin, betont, dass die kommunizierten Zusagen der Milizführer allein nicht ausreichen. Es geht nicht nur um leere Worte, sondern um konkrete Taten, wenn sichergestellt werden soll, dass Minderheiten wie Christen, Jesiden und Alawiten wirklich geschützt sind und in die neu entstehende politische Landschaft integriert werden.
Ein furchterregender Exodus
Parallel dazu setzt sich der Exodus der Christen aus Syrien fort. Nicht nur der aktuelle Machtwechsel trägt zur Verunsicherung bei, sondern auch die allgemeine Situation der Christen im Nahen Osten, die sich über Jahrzehnte hinweg verschlechtert hat. Bereits Papst Franziskus forderte einst von der syrischen Kirche mehr Distanz zur Assad-Regierung. Historisch stützt sich das politische System in Syrien auf den Schutz von Minderheiten gegen die sunnitische Mehrheit. Doch dieser Schutz zeigt Risse und stellt die Zukunft vieler christlicher Gemeinschaften infrage.
Die internationale Gemeinschaft und Organisationen wie die "Kirche in Not" fordern unermüdlich den Erhalt der Religionsfreiheit und die Achtung der Grundrechte. Das fragile Gleichgewicht muss aufrechterhalten werden, um ein sicheres Umfeld für alle religiösen Gruppen zu schaffen.
Die Angst vor einem Verschwinden der christlichen Präsenz im Nahen Osten wächst. Wie auch Pierre-Jean Luizard in einer Stellungnahme deutlich machte, ist die Gefahr real, dass Christen als Minderheit im neu entstehenden Machtsystem marginalisiert oder sogar ausgelöscht werden könnten. Die Zukunft der Christen im Nahen Osten hängt in der Schwebe, während politische Ränkespiele und kulturelle Konflikte den Alltag bestimmen.
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