
Die katholische Kirche steht vor einer schweren Zerreißprobe, wie der Vatikanexperte Marco Politi in seinem neuen Buch "Der Unvollendete. Franziskus' Erbe und der Kampf um seine Nachfolge" beschreibt. Der italienische Journalist warnt davor, dass eine innerkirchliche Spaltung unter Papst Franziskus sichtbarer geworden ist. "Die letzten zehn Jahre waren eine Situation des Untergrund-Bürgerkriegs", so Politi im Interview. Besonders die Reformen der vergangenen Jahre, darunter die Öffnung für wiederverheiratete Geschiedene und die Diskussion um das Frauen-Diakonat, haben zu starken Spannungen innerhalb der Kirche geführt. Während einige Frauen in hohe Positionen der römischen Kurie berufen wurden, bleibt die endgültige Entscheidung über ihre Rolle aus. Die erste und zweite Kommission zu diesem Thema waren gespalten, was zu Unzufriedenheit führt, wie kathpress.at berichtete.
Diese Konflikte sind nicht nur im Inneren der Kirche spürbar, sondern beeinflussen auch öffentliche Wahrnehmungen und Reaktionen. Vor allem die jüngsten Äußerungen von Papst Franziskus zur Rolle der Frauen wurden an der katholischen Universität Louvain scharf kritisiert. Der Papst hatte in einer Rede erklärt, dass die Würde von Frauen nicht durch Konsens oder Ideologien bestimmt wird und betonte ihre spezifische Rolle in der Gesellschaft. Die Universität distanzierte sich von diesen Aussagen als "deterministische und reduktionistische Position". Rektorin Françoise Smets wies darauf hin, dass auch Männer Verantwortung in der Familie übernehmen können und Frauen in anderen Bereichen nicht benachteiligt sein sollten. Die UC Louvain forderte die Kirche auf, sich ebenfalls für Gleichstellung und gegen Diskriminierung einzusetzen, stellt sueddeutsche.de fest.
Franziskus' Pontifikat bleibt trotz interner Widerstände prägend, insbesondere durch die Unterstützung von Frauen und Laien in kirchlichen Ämtern. Politi bringt jedoch Bedenken hinsichtlich der Unausgewogenheit zwischen reformorientierten und konservativen Kräften innerhalb der Kirche an. Es bleibt ungewiss, wie die Zukunft der Reformen aussehen wird, da die Konservativen gut organisiert sind, während die Reformbefürworter weniger öffentlich und lautstark auftreten.
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