Die wieder zunehmenden Rüstungsexporte aus Deutschland in die Türkei erzeugen derzeit Aufsehen. Nach jahrelanger Zurückhaltung hat die Bundesregierung im Jahr 2023 zunehmend Genehmigungen für den Export von Rüstungsgütern erteilt. Bis zum 13. Oktober verzeichnete man bereits 69 Genehmigungen im Gesamtwert von 103 Millionen Euro, was einen markanten Anstieg darstellt. Dies ist der erste Anstieg im dreistelligen Millionenbereich seit 2011, was auf eine signifikante wachsende Geschäftsbeziehung hinweist.
Die Genehmigungen beinhalten auch Kriegswaffen, die mit einem Preis von 840.000 Euro versehen sind. Besonders hervorzuheben ist die Genehmigung, die dem Unternehmen thyssenkrupp Marine Systems den Export von 28 Torpedos des Typs Seahake sowie 101 Lenkflugkörpern erlaubt. Damit wird eine Reihe von Rüstungsgütern, die für militärische Operationen von Bedeutung sind, an die Türkei verkauft.
Die Rolle der politischen Führung
Bundeskanzler Olaf Scholz wird am Nachmittag mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Istanbul zusammentreffen. Ihre Gespräche werden voraussichtlich den Themenbereich der Rüstungsexporte umfassen, da Erdogan schon während seines letzten Besuchs in Berlin Interesse an einer verstärkten militärischen Kooperation bekundet hatte. Er erklärte, dass ein „entschlossener“ Schritt Deutschlands nötig sei, um den Export von Rüstungsgütern zu ermöglichen.
Ein weiterer Punkt auf der Agenda ist der potenzielle Kauf von 40 Eurofighter-Kampfjets, an deren Produktion Deutschland beteiligt ist. Diese Ankäufe erfordern die Zustimmung der Bundesregierung, die jedoch bisher noch aussteht. Bei einem jüngsten EU-Gipfel äußerte Scholz Bereitschaft, sofern Großbritannien in dieser Angelegenheit mit der Türkei verhandelt.
Eine Rückblende auf die Vorgeschichte zeigt, dass Deutschland bis zum gescheiterten Militärputsch in der Türkei 2016 eine wesentlich lockerere Exportpolitik verfolgte. Damals wurden Rüstungsexporte massiv erteilt, einschließlich der Lieferung von U-Boot-Bauteilen. Nach dem Putsch und dem Einmarsch in Syrien wurde jedoch die Exportgenehmigung erheblich eingeschränkt, sodass 2021 nur 11,1 Millionen Euro genehmigt wurden, 2022 waren es sogar nur 4,5 Millionen Euro. Dies stellt mit der aktuellen Entwicklung eine dramatische Wende dar.
Die BSW-Abgeordnete Sevim Dagdelen äußerte sich besorgt über die erneute Lockerung der Rüstungsexportgenehmigungen. Sie sieht darin eine „moralische sowie politische Bankrotterklärung“ der Ampel-Regierung. Die Besorgnis bezieht sich auf die geopolitischen Implikationen und die Verantwortung, die mit dem Export von militärischer Ausrüstung in Konfliktregionen einhergeht.
Mit diesen Entwicklungen könnte sich die deutsche Rüstungsindustrie, einschließlich Unternehmen wie thyssenkrupp, in einer vorteilhaften Position befinden. Die wiederaufgenommene Zusammenarbeit mit der Türkei und die Genehmigung größerer Waffenexporte könnten sowohl wirtschaftliche Chancen als auch politische Herausforderungen für Deutschland mit sich bringen.
Das laufende Geschehen wirft Fragen bezüglich der zukünftigen Rüstungsstrategie der Bundesregierung auf und erfordert einen wachsamen Blick auf die Entwicklungen und Reaktionen im In- und Ausland. Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich hier.