Die Welt steht am Rande eines dritten nuklearen Zeitalters, warnte der Chef der britischen Streitkräfte. Admiral Sir Tony Radakin betonte in einer Vorlesung am Mittwoch am Royal United Services Institute in Großbritannien: „Die Welt hat sich verändert. Die globale Machtverschiebung ist im Gange, und ein drittes nukleares Zeitalter steht bevor.“
Ein komplexes nukleares Zeitalter
Dieses neue Zeitalter ist laut Radakin „deutlich komplexer“ als die vorhergehenden. Er definierte das erste nukleare Zeitalter als den Kalten Krieg, während das zweite durch Abrüstungsbemühungen geprägt war.
Globale Herausforderungen und Bedrohungen
Das dritte nukleare Zeitalter, in dem sich die Welt laut Radakin „am Anfang“ befindet, ist „gekennzeichnet durch mehrere und gleichzeitige Dilemmata, eine proliferierende Verbreitung nuklearer und disruptiver Technologien sowie das nahezu völlige Fehlen der Sicherheitsarchitekturen der Vergangenheit.“
Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine sowie diverse Konflikte im Nahen Osten haben die globale Stabilität erheblich erschüttert, fügte er hinzu.
Besorgniserregende Entwicklungen
Die Stationierung nordkoreanischer Truppen an der Grenze Russlands zur Ukraine bezeichnete Radakin als die „außergewöhnlichste Entwicklung des Jahres“. Auch die Nutzung iranischer Drohnen durch Moskau sowie die Androhung, die Houthi-Rebellen im Jemen zu bewaffnen, um auf die westliche Unterstützung für die Ukraine zu reagieren, schürten Besorgnis.
Nukleare Doktrin und NATO-Abwehr
Im November aktualisierte Russland seine nukleare Doktrin, nur zwei Tage nachdem der US-Präsident Joe Biden der Ukraine die Erlaubnis erteilte, tief im russischen Hinterland mit amerikanisch gefertigten Waffen Angriffe durchzuführen. Trotz dieser Entwicklungen glaubt Radakin, dass die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs oder einer Invasion Russlands auf die NATO „gering“ ist, da Moskau sich der überwältigenden Reaktion, sei es konventionell oder nuklear, bewusst ist.
Die Strategie der Abschreckung
„Die Strategie der Abschreckung durch die NATO funktioniert und wird weiterhin funktionieren“, erklärte der Chef der Streitkräfte. „Aber sie muss stark bleiben und gegen ein gefährlicheres Russland gestärkt werden.“ Radakin wies darauf hin, dass die globale Unsicherheit die Welt in drei Gruppen unterteilt: Eine Gruppe besteht aus autoritären Staaten, „die versuchen, die globalen Regeln herauszufordern“, zu denen Russland, China, Nordkorea und Iran gehören.
Verantwortungsvolle Nationen und opportunistische Akteure
In der zweiten Gruppe befinden sich „verantwortungsvolle Nationen“, zu denen größtenteils Demokratien, aber auch Golfmonarchien und andere zählen, die sich „der Partnerschaft und der Aufrechterhaltung von Stabilität und Sicherheit in der Welt“ verpflichtet haben. Die dritte Gruppe setzt sich aus Ländern zusammen, „die zwischen den beiden für maximalen Vorteil abwägen“, so Radakin weiter.
Die Notwendigkeit der Überlegenheit
Die NATO-Staaten müssen eine Überlegenheit gegenüber ihren Gegnern aufrechterhalten, um sie besiegen zu können. Im Oktober zerstörte ein israelischer Schlag gegen den Iran Teherans Fähigkeit, ein Jahr lang ballistische Raketen zu produzieren und nahm „fast das gesamte Luftverteidigungssystem Irans außer Gefecht“, berichtete Radakin.
Lehren aus den Konflikten
Radakin stellte fest: „In diesem Sinne zeigt uns Russland, wie man nicht kämpft. Und Israel hat in seiner Reaktion auf den Iran den unverhältnismäßigen Vorteil moderner Kriegsführung demonstriert.“
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