Die bevorstehende zweite Amtszeit des gewählten US-Präsidenten Donald Trump könnte sowohl erschreckend sein und die Weltordnung neu definieren, als auch übertrieben und substanzlos wirken. Eines ist jedoch sicher: Trumps Präsidentschaft wird disruptiv sein. Selbst die stärkste Form des amerikanischen Isolationismus, der wenig Handeln beinhaltet, könnte signifikante Veränderungen ankündigen.
Unklare Außenpolitik Trumps
Wir wissen erstaunlich wenig über Trumps Außenpolitik. Er selbst scheint es so zu wollen. Bekannt ist, dass er gegen Kriege ist, die die USA einbeziehen. Trump hat anscheinend eine Vorliebe für Diktatoren oder starke Männer. Er schätzt vermeintlich gute Deals und zerstört alles, was er für schlecht hält. Außerdem hat er eine Abneigung gegen amerikanische Verbündete, die er für ausbeuterisch hält, und er glaubt nicht an die Erderwärmung. Seine erste Amtszeit offenbarte einen Mann, der stets im Zentrum der Geschehnisse stehen wollte.
Ein ungewohnter Umgang mit sicherheitspolitischen Fragen
Besonders auffällig ist, wie wenig Trump seine außenpolitischen Positionen klar artikuliert hat. Erinnern wir uns an die Entrüstung, als George W. Bush in einem Interview 1999 den Namen des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf nicht nennen konnte? Eine solche "Gotcha"-Frage würde Trump nie gestellt werden.
Die Mainstream-Medien sind derzeit verwirrt darüber, wie sie diese Wahl so falsch eingeschätzt haben. Eine ähnliche Analyse über Trumps wahrscheinlich Außenpolitik scheint angebracht. Tatsache ist, dass Trump eine Welt nicht erbt, die in Frieden lebt, sondern in einer von Krisen geprägten Realität.
Globale Herausforderungen und Krisen
Die aktuelle Regierung von Biden hinterlässt eine Reihe globaler Krisen, die bestenfalls ungelöst und schlimmstenfalls eskalierend sind. Auch wenn das Weiße Haus bewundernswerte Anstrengungen unternommen hat, um in schwierigen Zeiten zu handeln, stellt sich die Frage: Könnte es möglich sein, dass einige Störungen auch fruchtbar sein könnten? Kann ein chaotisches Umdenken tatsächlich fruchten?
Trumps erste Amtszeit war im Vergleich zu den Ereignissen, die darauf folgten, eher ereignisarm. Der Fall von ISIS, Einreiseverbote und merkwürdige Beleidigungen, der Austritt aus dem Iran-Deal und der Abschluss eines Abkommens mit den Taliban, die türkische Invasion in Nord-Syrien und die seltsame Nähe zu Wladimir Putin, dem Präsidenten von Russland, waren prägende Themen.
Die geopolitische Spannung bleibt hoch
Die Biden-Regierung hatte deutlich mehr turbulente Entwicklungen zu bewältigen, darunter den unvermeidlichen Zusammenbruch des längsten amerikanischen Krieges in Afghanistan, die russische Invasion in der Ukraine und die Geschehnisse in Israel und Gaza. Trump mag einige dieser Dynamiken in Gang gesetzt haben, aber Biden war mit Sicherheit beschäftigter.
Man könnte sich die Frage stellen, inwiefern Trump in seiner ersten ruhigen Amtszeit einen eigenen Einfluss hatte. Ein Beispiel aus dieser Zeit, das dies veranschaulicht, ist die Ermordung des iranischen Befehlshabers Qasem Soleimani im Januar 2020. Die Entsendung eines Drohnenangriffs gegen eine der prominentesten militärischen Persönlichkeiten der Region war kühn und zeigt, wie weit Trump bereit war zu gehen. Überraschenderweise blieb die Reaktion des Iran jedoch begrenzt.
Neue Herausforderungen für Israel und Iran
Trumps enge Beziehung zu Benjamin Netanyahu, dem israelischen Ministerpräsidenten, könnte dessen Position unterstützen, könnte jedoch auch die Optionen Israels einschränken. Das endlose Finanzieren und Bewaffnen mehrerer Konflikte Israels steht im Widerspruch zu Trumps Ziel, das globale Engagement der USA zu reduzieren.
In Anbetracht der anhaltenden Konflikte in Gaza wird Trump auch die Notwendigkeit erkennen müssen, diese Geschehnisse im Ansatz neu zu bewerten. Der Iran hat Erfahrungen mit Trump gemacht und könnte einen potenziellen Angriff der USA aufgrund eines nuklearen Programms erwarten. Allerdings könnte Trump auch proaktiv reagieren und den Iran angreifen, unterstützt von Israel. Dies kommt in einem Moment, in dem Iran außergewöhnlich schwach erscheint.
Ein unsicheres Verhältnis zu China
Die unberechenbare Mischung aus Trumps Verhalten und seinem Stolz könnte besonders Auswirkungen auf China haben. Xi Jinping hat Trump zu seinem Sieg gratuliert, während er warnte, dass die USA aus Konfrontation verlieren und durch Zusammenarbeit gewinnen würden. Ein gefährlicher Handelskrieg könnte durch Verhandlungen vermieden werden, doch muss China die schwer fassbare Absicht eines US-Präsidenten abwägen, der es als Schwäche empfinden würde, sich nicht gegen eine chinesische Invasion in Taiwan zu stellen, aber gleichzeitig eine Konfrontation meiden will.
Der Umgang mit dem Ukraine-Konflikt
Die früheste und riskanteste Entscheidung, die Trump treffen muss, betrifft die US-Unterstützung für die Ukraine. Ein möglicher Deal könnte dazu führen, dass Kiew territoriale Zugeständnisse akzeptiert, was es Moskau ermöglichen würde, sich neu zu gruppieren. Dies wäre für die europäische Sicherheit höchst riskant.
In der derzeitigen Situation benötigt die Ukraine jedoch ebenfalls Zeit, um sich zu reorganisieren. Die Ukraine verliert zurzeit Territorium in alarmierendem Tempo. Präsident Volodymyr Zelensky ist sich bewusst, dass irgendwann die Idee eines weiteren "ewigen Krieges" für die NATO unattraktiv werden könnte. Die Worte Trumps deuten darauf hin, dass er einen schnellen Ausstieg möchte.
Schlussbetrachtung
Trumps irrationales Verhältnis zu Putin könnte die Bedingungen eines Abkommens für Europa und die NATO gefährlich machen. Doch es wäre naiv zu glauben, dass diese Herausforderungen nicht bestehen würden. Trumps Aufstieg bedeutet, dass die USA und ihre Verbündeten sich auf dieselben Probleme mit einem anderen Fokus, anderen Mitteln und Prioritäten vorbereiten müssen. Dies könnte katastrophale Auswirkungen auf die Weltordnung und die westlichen Demokratien haben oder aber müde Gesellschaften und Allianzen zu einem neuen, erleuchteten Kompromiss zwingen.
Details zur Meldung