Ein Grenzsoldat, der zum Bürgermeister wurde – die Geschichte von Michael Reinz ist nichts weniger als spektakulär! In den turbulenten Tagen des Herbstes 1989 beobachtete er als Grenzsoldat die wachsenden Proteste und Friedensgebete. „Es wurde immer kribbeliger“, erinnert sich Reinz. Glücklicherweise wurden die Grenztruppen nicht zur Verteidigung eingesetzt, was die Situation entschärfte.
Am 9. November war sein Kopf jedoch ganz auf den Fußball fokussiert. Er spielte in der ersten Mannschaft und wollte einen Kumpel aus der Eisenacher Kaserne für sein Team gewinnen. Doch als er am 10. November auf dem Weg nach Treffurt war, fiel ihm die Flut an Autos auf, die in Richtung Westen strömten. Die Menschen riefen „Macht die Grenze auf“ – ein unmissverständlicher Aufruf, der am 13. November Gehör fand. Reinz und seine Kameraden standen unter immensem Druck: „Wie reagieren wir? Bleiben die Grenzen offen oder wird alles zurückgedreht?“
Ein neuer Lebensweg
Wenige Wochen später wagte Reinz mit Freunden die Fahrt über die Grenze nach Hessen, nicht ohne Bedenken: „Was passiert, wenn du als Mitglied der Grenztruppen dorthin fährst?“ Doch an der Kontrollstelle in Treffurt erlebte er eine herzliche Atmosphäre. Die Menschen waren glücklich, endlich ungehindert reisen zu können. Nach seinem Dienst bei den Grenztruppen, wo er Grenzzäune abbaute und Stacheldraht aufrollte, musste sich Reinz neu orientieren. Der Studienplatz in Leipzig war weg, und so begann er eine Ausbildung zum Bankkaufmann in Eschwege.
Sein Aufstieg war rasant: Nach der Ausbildung kehrte er nach Treffurt zurück und übernahm die Filialleitung der Bank. 2011 wurde er als parteiloser Einzelkandidat zum Bürgermeister gewählt und hat seither das Vertrauen der Bürger gewonnen. Reinz, ein Marathonläufer, bringt die Ausdauer mit, die für sein Amt nötig ist. Jetzt arbeitet er eng mit dem Bürgermeister von Wanfried zusammen, um grenzüberschreitende Projekte wie eine gemeinsame Feuerwehr und die Verbesserung der Nahwärmeversorgung zu realisieren. Doch die bürokratischen Hürden sind hoch: „Die Landesgrenze ist manchmal hinderlich und nervig“, klagt Reinz. Dennoch bleibt er optimistisch und hofft auf bessere Regelungen für die Zusammenarbeit über die Grenze hinweg.
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