Ein bewegendes Kapitel der Geschichte wird durch die Lebensgeschichte von Bodo Platt neu beleuchtet. Am 1. September 1949, an seinem 19. Geburtstag, schrieb der junge Görlitzer aus der Haft an seine Mutter: „Das nächste Weihnachten verlebe ich bestimmt wieder in Eurem Kreise.“ Platt war 1948 von sowjetischen Soldaten aus seiner Wohnung in Görlitz verschleppt worden, nachdem er zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde. Ihm wurde Spionage vorgeworfen und die Zugehörigkeit zu einer konterrevolutionären Organisation angerechnet. Nachdem er 16 Monate in Ungewissheit verbrachte, traf er am ersten Weihnachtstag 1949 in Moskau ein. Dies war der Beginn seiner beispiellosen Leidenszeit in den brutalen Gefängnissen und Gulags der Sowjetunion, wie Sächsische.de berichtet.
Platt überlebte acht Jahre Haft in mehreren Einrichtungen, darunter die berüchtigten Gulags, wo er gequält und krank wurde. Getrieben von dem Drang, der neuen autoritären Ordnung entgegenzutreten, hatte er Informationen an die SPD und amerikanische Behörden weitergeleitet. Trotz der schrecklichen Bedingungen konnte er 1955, nach dem Tod Stalins, entlassen werden und kehrte als einer der letzten überlebenden deutschen Kriegsgefangenen in die Heimat zurück. Platts Erfahrungen sind Teil einer breiteren Erzählung, die über 30.000 Zivilisten betrifft, die von sowjetischen Militärtribunalen verurteilt wurden, wobei viele unschuldig waren, so wie er in seinen Erinnerungen festhält. Zudem schildert er seine Zeit im Gefängnis Wologda, wo der Geist der litauischen Häftlinge ihm Mut gab und ihn darin bestärkte, sich nicht brechen zu lassen, wie memorial.de dokumentiert.
Ein vergessenes Kapitel der Geschichte
Heute, mit 94 Jahren, bleibt Bodo Platt ein lebendiger Zeuge dieser düsteren Vergangenheit. In einem neuen Buch, herausgegeben von der Autorin Grit Poppe, werden die Geschichten der Menschen gesammelt, die wie Platt unter dem sowjetischen Regime litten. Mit dem Titel „verschleppt, verbannt, verschwunden“ wird die Geschichte digital zugänglich gemacht und soll vor allem bei jungen Menschen ein Bewusstsein für diese frühere Epoche schaffen. Platt betont, dass es wichtig ist, diese Erinnerungen zu bewahren, um ähnliche Fehler in der Zukunft zu vermeiden. Trotz aller Entbehrungen und der Trauer über seine verlorene Jugend hegt er keinen Groll und möchte, dass die Geschichten der Unschuldigen nicht in Vergessenheit geraten.
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