In Magdeburg steht die Hermann-Gieseler-Halle, ein architektonisches Zeugnis der Bauhaus-Tradition, im Zentrum eines kontroversen Verkaufsplans. Der prägnante, hochgradig funktionale Stil der Halle, die ursprünglich 1922 eingeweiht und über die Jahre hinweg für verschiedene Zwecke genutzt wurde, verdankt ihre Eleganz einem schwebenden Hallendach, das auf stabilen Stahlbetonstützen ruht. Ihre Geschichte reicht von der Nutzung als Viehmarkt- und Ausstellungshalle über die Umwandlung zur Sportarena für den SC Magdeburg bis hin zur Unterbringung von Flüchtlingen.
Der Stadtrat hat nun entschieden, die Halle zu verkaufen, was auf heftige Kritik stößt. Gert Fiedler, Mitglied des Bürgervereins Stadtfeld, äußert Bedenken hinsichtlich des Verlusts eines kulturellen Erbes: "Die Halle gehört zum Neuen Bauen in Magdeburg und somit zur Bauhaus-Tradition." Der Bürgerverein zeigt sich über den Verkaufsbeschluss erstaunt und fordert mehr Mitspracherecht bei Entscheidungen, die dieses historische Gebäude betreffen.
Kürzungen in der Stadtfinanzierung
Oberbürgermeisterin Simone Borris (parteilos) erklärt, dass die finanziellen Engpässe in der Stadt nicht übersehen werden können. "Die Kreditobergrenze ist fast erreicht, und wir müssen überlegen, ob es einen Nutzungszweck für bestimmte Objekte gibt", so Borris. Der Stadtrat steht unter Druck, Lösungen für die angespannten Finanzen zu finden, und hat daher die Gieseler-Halle als ein Objekt gewählt, das potenziell verkauft werden könnte.
Bereits im Jahr 2016 gab es Diskussionen über die Halle, wobei eine kostspielige Sanierung als Sportstätte in Frage gestellt wurde. Stattdessen entschied man sich für den Bau einer neuen Sporthalle, die jedoch architektonisch wenig Beachtung finden dürfte.
Die Pläne für den Verkauf sind nicht neu; bereits in der Vergangenheit gab es Versuche, die Halle zu veräußern, die jedoch an den strengen Auflagen des Denkmalschutzes gescheitert sind. Thomas Opp, der Vorsitzende des Bürgervereins, beklagt, dass bei der neuen Entscheidung nicht ausreichend die Meinungen der Bürger konsultiert wurden. "Die Nutzung muss denkmalgerecht sein. Wir möchten, dass die Halle der Öffentlichkeit zugänglich bleibt," erklärt Opp.
Der Wert der Halle im Vergleich zu anderen Projekten
Die Stadtverwaltung ist sich der Alternativen bewusst. Borris hebt hervor, dass in derselben Sitzung auch die Sanierung des Kulturhauses AMO beschlossen wurde, ein Objekt, das viele Magdeburger als Treffpunkt schätzen. Dabei wird jedoch kaum Wert auf die Hermann-Gieseler-Halle gelegt, die in der Stadtgeschichte eine bedeutende Rolle gespielt hat.
Interessanterweise gibt es auch für das AMO kein klares Nutzungskonzept, und die Oberbürgermeisterin beschreibt die Situation als "Kannibalisierungseffekt". Dennoch wird für das Kulturhaus investiert, während die Hermann-Gieseler-Halle, trotz ihrer einmaligen Architektur, vernachlässigt wird.
Angesichts der zunehmenden Vernachlässigung befürchtet der Bürgerverein, dass die Halle, sollte sie leerstehen, dem Verfall preisgegeben wird. "Leerstehende Gebäude sind immer gefährdet. Man denke nur an den Kristallpalast," warnt Opp. Die Stadt hat möglicherweise zu viele historische Gebäude, die auf eine neue Nutzung warten, aber das Risiko eines Verfalls könnte auch die Gieseler-Halle bedrohen.
Die Debatte um die Hermann-Gieseler-Halle ist damit nicht nur eine Frage der Stadtfinanzen, sondern auch der kulturellen Identität Magdeburger Bürger. Es bleibt abzuwarten, wie der Stadtrat und die Bürger im Dialog stehen und was letztendlich mit diesem wichtigen Teil der Stadtgeschichte geschehen wird. Mehr zu diesem Thema ist in einem aktuellen Artikel zu finden auf www.mdr.de.
Redaktionelle Bearbeitung: vp
Details zur Meldung