In einem dramatischen Appell hat Verteidigungsminister Boris Pistorius am Freitagabend in Wolfenbüttel die alarmierende Lage der deutschen Verteidigungspolitik skizziert. Vor rund 500 Zuhörern betonte er, dass Deutschland im Falle eines Angriffs nicht in der Lage wäre, sich selbst zu verteidigen. „Wir haben jahrelang an unsere Sicherheit geglaubt, ohne tatsächlich in sie zu investieren“, so Pistorius. Die marode Infrastruktur und die unzureichende Ausstattung der Bundeswehr seien direkte Folgen dieser Nachlässigkeit. Er forderte ein Umdenken und innovative Lösungen, um die Defizite schnellstmöglich zu beseitigen.
„Bereite den Krieg vor, wenn du Frieden willst“
Pistorius warnte eindringlich vor der Bedrohung durch Russland und dessen massiven Truppenaufbau. „Putin hat bereits 1,3 Millionen Soldaten, und die Tendenz ist steigend“, erklärte er. Die Realität sei, dass Deutschland militärische Abschreckung und Kriegstüchtigkeit dringend benötige, um potenzielle Aggressoren abzuschrecken. „Jeder Angreifer muss wissen, dass der Preis für einen Angriff unberechenbar hoch ist“, so der Minister. Er zitierte die Römer: „Bereite den Krieg vor, wenn du Frieden willst“, und betonte die Notwendigkeit einer schlagkräftigen Bundeswehr, die in der Lage ist, gemeinsam mit den Alliierten zu kämpfen.
Doch die Herausforderungen sind enorm. Deutschland investiert in den Wiederaufbau seiner Sicherheitsstrukturen, doch die Umsetzung dauert. Pistorius gab zu, dass die Bundeswehr nicht über ausreichend Soldaten verfügt, um im Ernstfall mobilisieren zu können. „Wir haben nicht die Daten, um zusätzliche Soldaten und Reservisten zu aktivieren“, klagte er und verwies auf die Folgen der Aussetzung des Wehrdienstes im Jahr 2011. Die Schließung von Kasernen und der Mangel an Ausbildern erschweren die Situation zusätzlich. „Wir müssen alles tun, so schnell wie möglich, und hoffen, dass die Zeit reicht“, schloss Pistorius und stellte die drängende Frage, ob Deutschland genug Zeit habe, um sich auf mögliche Konflikte vorzubereiten.