Die Kunstmuseen Krefeld präsentieren einen faszinierenden Dialog zwischen zwei herausragenden Künstlerinnen, die an einem der symbolträchtigsten Orte der Moderne ausstellen. Die beiden Ausstellungen in den Bauhaus-Villen Haus Lange und Haus Esters werden durch das übergeordnete Thema „Der menschliche Maßstab“ verbunden. Diese bemerkenswerte Zusammenstellung zeigt, wie Kunst über Generationen hinweg spricht und dabei sowohl Sichtweisen als auch Materialien neu interpretiert.
In Haus Lange wird die Arbeit von Marion Baruch, eine Künstlerin, die 1929 geboren wurde und stark von der Textilindustrie in Mailand beeinflusst ist, zu sehen sein. Ihre Kunstwerke entstehen aus Textilabfällen, die üblicherweise in der Modeproduktion als Restbestand betrachtet werden. Diese Überbleibsel verwandelt sie in eindrucksvolle Skulpturen und Bilder. Baruch, die derzeit in Italien lebt, hat in ihrer Karriere großen Wert auf die Haptik und die emotionale Verbindung der Materialien gelegt. Ihre Werke bringen nicht nur die Schönheit von Stoffen zum Ausdruck, sondern stellen auch Fragen über die Beziehung von Innen und Außen, Körper und Raum.
Marion Baruchs Lebenswerk
Die Ausstellung in Krefeld bietet nicht nur aktuelle Werke von Baruch, sondern umfasst auch ihre künstlerischen Anfänge in den 1960er Jahren. Damit wird ihr umfangreiches Lebenswerk gewürdigt, das erst vor kurzem die Aufmerksamkeit verdient hat, die es schon lange hätte erhalten sollen. „Die Haptik der Textilien ist für sie wichtig. Sie bezeichnet die ausgewählten Stücke mit lyrischen Titeln in unterschiedlichen Sprachen“, erklärt die Kuratorin Dr. Magdalena Holzhey. Baruchs Arbeiten sind eine poetische Auseinandersetzung mit den Stoffen und ihrer Bedeutung durch verschiedene kulturelle Linse.
Gleichzeitig wird im Haus Esters die Ausstellung „Für unsere Eltern“ von Anna K.E. eröffnet, einer 1986 in Georgien geborenen Künstlerin. Anna K.E. ist bekannt für ihre architektonischen Installationen, die speziell für die Ausstellungsräume dieser historischen Gebäude entwickelt wurden. Ihr Ansatz erfordert eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Raum selbst. Sie beschreibt das Gebäude als Skulptur und erkundet dessen Räume auf eine einzigartige Weise, indem sie das Publikum in das Erlebnis ihrer Kunstwerke einbezieht.
Neuinterpretation durch Anna K.E.
Die von Anna K.E. gestalteten Arbeiten in Haus Esters zielen darauf ab, die Wahrnehmung der Besucher zu lenken. Durch innovative Materialien wie Emaille-Pfeile, die bestimmte Blickrichtungen anregen, schafft sie ein interaktives Erlebnis. „Sie hat das Gebäude wie eine Skulptur betrachtet. Sie schlüpft mit ihrem Körper in das Haus“, erläutert Dr. Sylvia Martin, die Kuratorin der Ausstellung. Diese kreative Verwendung von Raum und Material ist eine bedeutende Teil ihres künstlerischen Schaffens und fordert die Betrachtenden dazu auf, ihre eigene Perspektive neu zu überdenken.
Beide Ausstellungen sind nicht nur Werke einzelner Künstlerinnen, sondern auch Teil eines größeren Diskurses über Kunst und ihre Rolle in der Gesellschaft. Die Eröffnung findet am 6. Oktober um 11.30 Uhr statt und die Ausstellungen enden am 9. Februar 2025. Mehr Informationen über die Veranstaltungen und das Begleitprogramm sind auf www.kunstmuseenkrefeld.de zu finden.
Durch diese doppelten Ausstellungen werden nicht nur neue künstlerische Perspektiven präsentiert, sondern auch historische Bezüge zu zwei starken, weiblichen Positionen in der Kunst verstärkt, die zeigen, wie vielfältig und dynamisch das Feld ist.