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Die Geheimnisse unserer Nase: So erkennt das Gehirn Gerüche!

Die Bedeutung des Geruchssinns wird oft erst dann wirklich erlebbar, wenn er eingeschränkt ist. Schmeckt das Essen fade oder bleibt der Brandgeruch unbemerkt, wird die Notwendigkeit dieses Sinnes offensichtlich. Eine Gruppe von Forschern am Universitätsklinikum Bonn (UKB) sowie an den Universitäten Bonn und Aachen hat nun bahnbrechende Fortschritte gemacht, indem sie die neuronalen Mechanismen der menschlichen Geruchswahrnehmung untersucht haben. Ihre Ergebnisse wurden in der angesehenen Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Die Wissenschaftler, angeführt von Prof. Florian Mormann, haben herausgefunden, dass bestimmte Nervenzellen im menschlichen Gehirn in der Lage sind, Gerüche spezifisch und individuell zu erkennen. Diese Erkenntnisse schließen eine bedeutende Wissenslücke zwischen der Forschung an Tieren und der menschlichen Geruchswahrnehmung, die bislang unausgefüllt war. „Hierbei haben wir einen völlig neuen Einblick in die Verarbeitung und Identifizierung von Gerüchen gewonnen“, so Mormann.

Neuronale Aktivität beim Riechen

Für ihre Forschung kooperierten die Wissenschaftler mit Patienten der Klinik für Epileptologie, bei denen aus diagnostischen Gründen Elektroden ins Gehirn implantiert wurden. Diese Patienten wurden verschiedenen Gerüchen, darunter sowohl angenehme als auch unangenehme Düfte wie alter Fisch, ausgesetzt. Durch die Aufzeichnung der Aktivität individueller Nervenzellen während dieser Versuche konnten die Forscher präzise vorhersagen, welcher Duft wahrgenommen wurde. Bei dieser Untersuchung zeigten sich unterschiedliche Hirnregionen, die an spezifischen Aspekten der Geruchsverarbeitung beteiligt sind.

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Am deutlichsten aus der Funktionsweise des Gehirns wurde, dass die primäre Riechrinde, auch bekannt als der piriforme Kortex, eine zentrale Rolle spielt. Hier konnten die Forscher feststellen, dass unterschiedliche Nervenzellen in der Lage sind, nicht nur den Duft, sondern auch das Bild und das geschriebene Wort eines Objekts zu verarbeiten – ein bemerkenswerter Schritt, der das Verständnis über die menschliche Riechfähigkeit erweitern könnte.

Die Studie zeigt, dass in der vergangenen Zeit vor allem Tierstudien das Verständnis geschaffen haben, wie der Geruchssinn funktioniert, während vergleichbare tiefere Einblicke in das menschliche Gehirn fehlten. „Das ermöglicht uns, ein noch umfassenderes Bild der menschlichen Geruchswahrnehmung zu gewinnen“, fügte Mormann hinzu.

Die Verknüpfung von Geruch und Bild

In einer nächsten Phase der Studie untersuchten die Forscher den Zusammenhang zwischen Düften und visuellen Eindrücken. Dazu wurden den Teilnehmern nicht nur die entsprechenden Gerüche präsentiert, sondern auch die passenden Bilder. Die Reaktionen der Neuronen wurden analysiert und es stellte sich heraus, dass die Nervenzellen in der Riechrinde auch auf Bilder reagierten. „Das zeigt, dass die Funktionen der Riechrinde weit über die bloße Geruchswahrnehmung hinausgehen“, erläuterte Prof. Marc Spehr von der RWTH Aachen.

Die Entdeckung, dass spezifische Nervenzellen auf den Duft, das Bild und das geschriebene Wort einer Banane reagierten, deutet darauf hin, dass schon früh in der menschlichen Geruchsverarbeitung semantische Informationen verarbeitet werden. Das ist ein aufregender Schritt in Richtung eines umfassenderen Verständnis des menschlichen olfaktorischen Codes, wie Mormann weiter feststellte. „Zukünftige Forschungen könnten sogar helfen, Riechhilfen zu entwickeln, die im Alltag so gebräuchlich wären wie Brillen oder Hörgeräte.“

Zusammenfassend belegt die Studie, dass beim Riechen eine komplexe Interaktion zwischen verschiedenen Hirnregionen stattfindet, die nicht nur Reaktionen auf Gerüche selbst, sondern auch auf damit verbundene visuelle und sprachliche Informationen umfasst. Diese Erkenntnisse könnten weitreichende Konsequenzen für die Neurobiologie der Geruchsverarbeitung haben.

Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie dem Land Nordrhein-Westfalen gefördert. Mehr über die Veröffentlichungen und den aktuellen Stand der Forschung finden Sie hier.


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