Hameln. In der Jugendanstalt Tündern, wo Tobias, 23 Jahre alt, seine Zeit absitzt, blüht die Heilige Schrift auf! Trotz der düsteren Umstände, die ihn hierher geführt haben, findet er Trost und Flucht in den Geschichten der Bibel. „Wenn ich in ihr lese, bin ich mit dem Kopf aus der Anstalt“, gesteht er. Die Nachfrage nach Bibeln ist enorm, und das nicht ohne Grund: Die Gefangenen suchen nach einem Stück Normalität in ihrer isolierten Welt.
Die Jugendanstalt bietet eine Vielzahl von Ausbildungsprogrammen an, von Tischler bis Kfz-Mechatroniker, um den Insassen eine Perspektive nach der Haft zu geben. Doch die Rückfallquote ist alarmierend hoch: Zwei Drittel der Häftlinge kehren zurück in die Kriminalität. „Wir versuchen alles, um die Rückfälligkeit der Häftlinge zu senken“, erklärt David Lamers, Pressesprecher der Anstalt. Mit nur 355 Insassen bei Platz für 580 wird die Situation durch den demografischen Wandel verschärft, während die Erwachsenenstrafanstalten überfüllt sind.
Bibel als Lichtblick
Der evangelisch-lutherische Pastor Stefan Warnecke und sein katholischer Kollege bieten den Gefangenen einen „Safer Space“. „Hier passiert nichts“, betont Lamers. Die Bibel wird zum Schlüssel für viele, die nach Antworten suchen. Roman Vielhauer von der Hannoverschen Bibelgesellschaft hat 40 neue Exemplare mitgebracht, darunter auch Ausgaben in albanischer und rumänischer Sprache. „Das ist das erste Buch, das ich von vorne bis hinten gelesen habe“, erzählt ein Gefangener begeistert.
Die BasisBibel Auslese, die Tobias bevorzugt, bietet hilfreiche Erklärungen und macht das Lesen verständlich. In der Jugendanstalt wird die Religion zur Hoffnung, zur Flucht aus der tristen Realität. Die Gefangenen finden in den Geschichten der Bibel nicht nur Trost, sondern auch die Möglichkeit, über ihr Leben nachzudenken und neue Wege zu finden.