Im Hafen von Cuxhaven sorgt Inga Thom, eine engagierte Mitarbeiterin der Seemannsmission, dafür, dass die Seeleute trotz der Herausforderungen ihrer Arbeit nicht die Verbindung zu ihren Familien verlieren. An Bord des Chemietankers Corelli zeigt sich, wie wichtig die soziale Unterstützung für diese oft monatelang abwesenden Männer, die viele Kilometer von ihren Heimatländern entfernt sind, ist. Hier trifft Thom auf den Schiffskoch Frederic Macauba, der gerade frisch gebackene Zimtschnecken serviert und darüber erzählt, wie die Entfernung zu seiner Familie ihn belastet.
„Morgens ist die Sehnsucht am größten, wenn ich alleine aufwache, und abends, wenn ich in meine Kabine komme“, sagt Macauba, der seit fünf Monaten auf See ist. Die Möglichkeiten, den Kontakt zu seinen Lieben zu pflegen, sind begrenzt und oft vom knappen Datenvolumen des Internets abhängig. Um diesem Mangel an Kommunikation Abhilfe zu schaffen, hat die Seemannsmission kürzlich einen Internet-Router zur Verfügung gestellt, sodass die Seeleute ungehindert mit ihren Familien videotelefonieren können. Dies hilft nicht nur, die emotionale Distanz zu überbrücken, sondern fördert auch das allgemeine Wohlbefinden an Bord.
Die Arbeit der Seemannsmission
Die Deutsche Seemannsmission, die 1886 gegründet wurde, setzt sich weltweit für die Belange von Seeleuten ein. An 33 Standorten in Deutschland und in weiteren 15 Ländern stehen rund 600 Mitarbeiter bereit, um den Seefahrern mit SIM-Karten, Geldwechselmöglichkeiten und sozialen Veranstaltungen wie Treffen im Seemannsclub zur Seite zu stehen. Dieses Netzwerk bietet nicht nur praktische Hilfen, sondern auch einen wichtigen sozialen Rückhalt für die Seeleute, die oft isoliert und fernab ihrer Familien arbeiten müssen.
Inga Thom ist seit drei Jahren Teil dieses Teams und hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Seeleuten zuzuhören und ihnen bei alltäglichen Sorgen zu helfen. Ihre Fähigkeit, sich in der englischen Sprache und den verschiedenen Akzenten der Seeleute zurechtzufinden, ist entscheidend. Sie weiß, dass der erste Schritt, um Vertrauen aufzubauen, das Verständnis für die kulturellen und emotionalen Bedürfnisse ihrer Besucher ist. „Hier ist es eine andere Welt, und man muss Geduld haben“, sagt Thom, während sie sich auf den Weg zum nächsten Schiff, der BBC Coral, begibt.
Bei ihrer Ankunft an Bord des Frachtschiffs teilt Thom freundliche Worte mit dem jungen Kadetten Igor Svitkin. Nach einer kleinen Tour über das Schiff erfährt sie von Nicolai Cernev, einem Offizier aus der Republik Moldau, dass die Seeleute oft ihre Geburtstage fernab von ihren Familien verbringen müssen. Doch trotz der Herausforderungen versuchen die Crewmitglieder, optimistisch zu bleiben. Geburtstagsfeiern sind der Norm und oft wird das Feiern mit dem Arbeiten kombiniert.
Um dieses spezielle Datum etwas aufzuhellen, hat Thom ein Geschenk für Igor vorbereitet, das er begeistert in Empfang nimmt. Seine Freude über die neuen Kopfhörer ist ansteckend – ein kleiner Lichtblick in langer Seereise, der den Seeleuten zeigt, dass sie nicht vergessen werden. Diese persönlichen Kontakte sind für die Seeleute von unschätzbarem Wert, und Thom ist sich der Bedeutung dieser Rolle bewusst: „Es ist wichtig, dass sie wissen, dass jemand an sie denkt und sie unterstützt“, erklärt sie weiter.
Insgesamt führte die Cuxhavener Seemannsmission im vergangenen Jahr zu beeindruckenden 1.700 Bordbesuchen und über 4.900 Begegnungen mit Seeleuten. Inga Thom ist häufig in dieser Statistik vertreten und weiß, dass ihre Gespräche und die kleinen Gesten der Unterstützung weit über den Moment hinaus wirken. Der Austausch mit Menschen aus verschiedenen Kulturen bereichert nicht nur ihren Alltag, sondern bereitet auch den Seeleuten Freude und Trost.
„Ich hätte diese Menschen sonst nie getroffen“, sagt sie mit einem Lächeln, während sie auf das geschäftige Treiben im Hafen blickt. Für Thom ist es mehr als nur ein Job – es ist eine Leidenschaft, die ihr hilft, die Verbindung zur Heimat aufrechtzuerhalten und einfache menschliche Interaktionen zu fördern. Ihr Einsatz zeigt, wie wichtig es ist, gerade in den einsamen Momenten auf See ein wenig Menschlichkeit und Kontakt zu finden, um die Belastungen des Lebens auf dem Wasser zu meistern.
Seeleute wie Frederic Macauba und Igor Svitkin wissen die Arbeit von Thom und der Seemannsmission zu schätzen, da sie damit ein Stück Heimat und Unterstützung in einer oft herausfordernden und einsamen Lebenssituation finden. Beinahe schon als Traumschiff der Hoffnung erscheint der Gedanke, dass trotz der Herausforderungen der See, die Seeleute niemals ganz allein sind.