Wiesbaden, eine pulsierende Stadt mit fast 300.000 Einwohnern, steht vor großen Herausforderungen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Die Stadt und der umliegende Rheingau-Taunus-Kreis arbeiten zwar gemeinsam an neuen Nahverkehrsplänen, doch ihre Ausgangslagen und Ziele könnten kaum unterschiedlicher sein. Während in Wiesbaden die Hoffnung besteht, den Busverkehr konkurrenzfähig zum Auto zu machen, bleiben im Rheingau-Taunus-Kreis die Autos das bevorzugte Verkehrsmittel.
Der Verkehrsplaner der Rheingau-Taunus-Verkehrsgesellschaft RTV, Arno Brandscheid, beschreibt die Situation im Landkreis als stark vom Individualverkehr geprägt. Die geringe Einwohnerdichte und eine schwache Fahrgastnachfrage, besonders außerhalb der Hauptverkehrsachsen, erschweren die Schaffung eines funktionierenden ÖPNV. Zudem gibt es strukturelle Probleme, da die RTV keine eigenen Busse besitzt und Änderungen nur innerhalb von Konzessionsverträgen möglich sind, die alle zehn Jahre neu ausgeschrieben werden.
Kostendruck und Finanzierungslücken
Im Rheingau-Taunus-Kreis liegt der Fokus vor allem auf dem Schülerverkehr, der oft durch technische Störungen und Personalmangel beeinträchtigt ist. Brandscheid bezeichnet die Zustände als „Abenteuer“, was die Herausforderungen eindrucksvoll zusammenfasst. Die Pläne, den Nahverkehr substantiell zu verbessern, scheitern an der Realität der Finanzierung. Der jährliche Kreiszuschuss von 16 Millionen Euro ist bereits an der Grenze des Leistbaren, während die Kosten für den Bestand des ÖPNV aufgrund steigender Ausgaben jährlich um 600.000 bis 800.000 Euro zunehmen – ohne dass zusätzliche Leistungen angeboten werden können.
Innovative Vorschläge für neue Linien, wie eine Busverbindung von Bingen über den Rhein und eine Linie, die Taunusstein mit Wiesbaden verbindet, stehen in der Schwebe. Die Finanzierung solcher Pläne bleibt ungewiss, denn selbst in der finanziell stärkeren Landeshauptstadt Wiesbaden stößt der Nahverkehr auf massive Hindernisse. Hier wird der dringend benötigte Ausbau des ÖPNV durch finanzielle Engpässe bedroht, die bereits zu einer Reduzierung des bestehenden Angebots geführt haben.
In Wiesbaden gibt es Pläne für einen neuen Nahverkehrsplan, der ein Basisnetz vorsieht, welches sich weitgehend am Bestand orientiert. Dieses neue Konzept könnte vielversprechend sein, vor allem, da eine vollständige Reform des Busnetzes angestrebt wird. Um jedoch zusätzliche Busse zu beschaffen oder neue Haltestellen zu bauen, benötigt die Stadt dringend finanzielle Mittel. Schon jetzt fehlt es Eswe, dem städtischen Busunternehmen, an der finanziellen Basis, um den regulären Betrieb aufrechtzuerhalten.
Revolution im Stadtverkehr?
Mit dem neuen Basisnetz soll der Stadtbus in Wiesbaden attraktiver werden, indem neue Direktverbindungen geschaffen und bestehende Korridore verbessert werden. Die Verkehrssimulation zeigt eine angestrebte Steigerung des ÖPNV-Anteils in der Stadt um 1,9 Prozentpunkte auf insgesamt 18,7 Prozent, was mit einer Abnahme der Anteile für Fuß-, Fahrrad- und Autoverkehr einhergeht. Die Pläne umfassen zudem die Einführung neuer „Metrobusse“, die im 15-Minuten-Takt auf den Hauptverkehrsachsen verkehren sollen.
Ob diese Maßnahmen ausreichen, um die Bürger zu überzeugen, bleibt abzuwarten. Unternehmer der IHK Wiesbaden haben bereits auf die Notwendigkeit von Verbesserungen hingewiesen, um den Zugang zu Arbeitsplätzen zu erleichtern. Besonders die Anbindung des Gewerbegebiets Delkenheim wurde als unzureichend kritisiert. Die politisch Verantwortlichen sind gefordert, nicht nur neue verkehrliche Strategien zu entwickeln, sondern auch sicherzustellen, dass die finanziellen Rahmenbedingungen für deren Umsetzung gegeben sind.
Die kommenden Monate werden entscheidend sein, um zu sehen, wie sich die Pläne der Verkehrsplaner konkretisieren lassen und ob die Ziele für eine effizientere, umweltfreundlichere Mobilität in Wiesbaden und dem Rheingau-Taunus-Kreis erreicht werden können. Die Herausforderungen sind zahlreich, jedoch könnten gut durchdachte Ansätze und eine realistische Finanzierung den Grundstein für eine nachhaltige Verbesserung des ÖPNV in der Region legen. Details dazu können auch in einem aktuellen Artikel auf www.faz.net nachgelesen werden.