In Gießen ist das Thema Lerntherapie für Kinder mit Legasthenie und Dyskalkulie von großer Bedeutung. Diese besonderen Lernschwächen betreffen viele Schüler und können zu einem verminderten Selbstbewusstsein führen. Expertin Olga Knaub vom Duden Institut für Lerntherapie erklärt, dass etwa vier Prozent der Schüler in Deutschland von Legasthenie und drei bis acht Prozent von Dyskalkulie betroffen sind. Die Therapeuten in Gießen unterstützen betroffene Kinder dabei, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und Lernlücken zu schließen.
Lernschwächen wie Legasthenie, auch als Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) bekannt, zeigen sich oft in Schwierigkeiten, Buchstaben und Zahlen richtig zuordnen zu können. Kinder mit diesen Schwierigkeiten können Buchstaben vertauschen, vergessen Endungen oder bringen Zahlen durcheinander. Knaub berichtet von sogenannten „Buchstabensammlern“, die Schwierigkeiten haben, Buchstaben in Worte zu fassen. Der Unterricht in höheren Klassen kann diese Probleme verstärken, wenn das Kind nicht mit den grundlegenden Konzepten wie dem Hunderterbereich vertraut ist.
Therapeutische Ansätze und Individualität
Im Duden Institut wird großer Wert auf einen individuellen Therapieansatz gelegt. „Wir beginnen dort, wo das Kind den Faden verloren hat“, erklärt Knaub. Ziel ist es, das Kind in einem positiven Umfeld zu unterstützen und ihm zu helfen, wieder Vertrauen in seine Fähigkeiten zu gewinnen. Die Therapeuten arbeiten in kleinen Schritten und setzen auf Wiederholungen und positive Rückmeldungen, um das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken.
Pia Speckmann, eine Erzieherin und Inklusionsfachkraft am Institut, betreut derzeit zwölf Klienten im Alter von neun bis 17 Jahren. In der Regel bleiben die Kinder zwei bis vier Jahre in der Therapie, abhängig von ihren individuellen Bedürfnissen. „Wir positionieren uns nicht einfach am Curriculum der Schule, sondern passen die Therapie an den Entwicklungsstand des Kindes an“, nennt Speckmann einen weiteren wichtigen Aspekt der Einrichtung.
Die Arbeit der Therapeuten zielt darauf ab, den Kindern ein positives Lernumfeld zu bieten, in dem sie ohne Druck und Stress lernen können. „Es ist uns wichtig, zu zeigen, dass Lernen auch Spaß machen kann und dass es nicht nur um Leistung geht“, fügt Knaub hinzu. Die Therapiestunden beinhalten oft Spiele und Aufgaben mit hoher Lösungswahrscheinlichkeit, die den Kindern helfen, Vertrauen in sich selbst aufzubauen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Therapie ist die Einbeziehung der Eltern. Regelmäßige Elterngespräche und Feedback nach den Therapiestunden helfen den Eltern, die Fortschritte ihrer Kinder nachzuvollziehen. Knaub betont, dass die Eltern in erster Linie Eltern bleiben sollten und nicht versuchen sollten, Lehrer zu sein. „Es ist entscheidend, dass die Kinder ein angenehmes Gefühl zu Hause haben“, erklärt sie. Durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Therapeuten, Eltern und Kindern kann eine unterstützende Umgebung geschaffen werden, die das Lernen für alle Beteiligten einfacher gestaltet.
Die Thematik von Legasthenie und Dyskalkulie nimmt nicht nur am 30. September, dem Tag der Legasthenie und Dyskalkulie, eine zentrale Rolle ein, sondern ist auch im Alltag vieler Schüler präsent. Knaub und ihr Team im Duden Institut freuen sich über die Möglichkeit, das Bewusstsein für diese Lernschwächen zu schärfen und zeigen, wie wichtig eine frühzeitige Diagnostik und Therapie ist, um den betroffenen Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.