In den letzten Tagen hat sich die Beziehung zwischen Deutschland und der Türkei, zwei wichtige Akteure in der NATO, erheblich gewandelt. Bei einem Treffen zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Istanbul wurden neue Dimensionen der Zusammenarbeit angekündigt, insbesondere im Rüstungsbereich. Scholz erklärte, dass es für Deutschland „selbstverständlich“ sei, der Türkei Waffen zu liefern, und zeigte sich sogar offen für die Lieferung von Eurofighter-Kampfjets.
Diese Gespräche fallen in einen neuen Kontext: Nach Jahren der Zurückhaltung in Bezug auf Rüstungsexporte hat die Bundesregierung entschieden, diesen Bereich neu auszurichten. Bis zum 13. Oktober 2023 wurden bereits 69 Genehmigungen im Wert von 103 Millionen Euro erteilt, einschließlich der Genehmigung für Kriegswaffen im Wert von 840.000 Euro. Diese Genehmigungen haben einen hohen symbolischen und politischen Wert, da sie die erste Erhöhung der Exporte seit 2011 darstellen.
Wiederbelebung der deutsch-türkischen Konsultationen
Zusätzlich zu den Rüstungsangelegenheiten streben die beiden Länder die Wiederbelebung ihrer Regierungskonsultationen an. Scholz sieht dies als „sichtbares Zeichen“ für die Intensivierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern. Nach fast neun Jahren Pause sollen diese Treffen nun wieder stattfinden, wobei mehrere Minister anwesend sein werden. Diese Entwicklung könnte für beide Seiten strategisch wichtig sein, da sie den Austausch von Ideen und politischen Strategien fördern könnte.
Ein anderes zentrales Thema, das während der Gespräche zur Sprache kam, war die Migration. Scholz äußerte den Wunsch, die Abschiebungen von Migranten ohne Bleiberecht zu intensivieren. Besonders interessiert ist die Bundesregierung an der Zusammenarbeit mit der Türkei, da viele türkische Staatsangehörige von einer Abschiebung betroffen sind. Nach den aktuellen Zahlen sind rund 15.789 türkische Staatsbürger ausreisepflichtig. Innenministerin Nancy Faeser hatte zuvor angekündigt, dass die Türkei bereit sei, zur schnelleren Rücknahme ihrer Staatsbürger beizutragen, konkrete Schritte hierzu wurden jedoch nicht festgelegt.
Spannungen im Nahen Osten
Im Gegensatz zu den weitgehend positiven Gesprächen über die militärische Zusammenarbeit blieben Scholz und Erdogan beim Thema Nahost uneinig. Erdogan beschuldigte Israel, im Gazastreifen einen Völkermord zu begehen, was Scholz entschieden zurückwies. Er betonte, dass Deutschland diese Einschätzung nicht teile, jedoch den Verlust ziviler Leben auf allen Seiten beklagen müsse. Der Kanzler stellte klar, dass Israel das Recht habe, sich zu verteidigen, und dies im Rahmen des internationalen Rechts tun müsse.
Die Lage in der Ukraine war ein weiterer wichtiger Punkt in den Gesprächen. Beide Länder betonten ihren Willen zur Zusammenarbeit in Bezug auf den Ukraine-Konflikt, auch wenn die Ankündigungen noch unkonkret blieben. Die Türkei hat sich in der Vergangenheit als Vermittler in diesem Konflikt positioniert und könnte damit eine Schlüsselrolle in den zukünftigen Verhandlungen spielen.
Diese jüngsten Entwicklungen zwischen Deutschland und der Türkei sind sowohl für die geopolitischen Beziehungen in Europa als auch für die NATO von erheblicher Bedeutung. Die Rüstungskooperation ist ein gewagter Schritt, der sowohl strategische Vorteile als auch Herausforderungen mit sich bringen könnte. einerseits stärken diese Kooperationen die politischen und militärischen Bindungen, andererseits bleiben viele politische Fragen und Spannungen, wie die im Nahen Osten, ungelöst.