Berlin einigt sich auf neuen Wehrdienst: Freiwilligkeit oder Zwang?
Einigung in Berlin über neues Wehrdienstgesetz: Freiwillige Rekrutierung, verpflichtende Musterung ab 2027 und Kompromissvorschläge.

Berlin einigt sich auf neuen Wehrdienst: Freiwilligkeit oder Zwang?
In Berlin wurde eine Einigung über ein neues Modell für den Wehrdienst erzielt. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat zusammen mit den Koalitionsfraktionen, unter anderem den Fraktionschefs Jens Spahn (CDU) und Matthias Miersch (SPD), einen Gesetzentwurf präsentiert, der auf Freiwilligkeit abzielt. Dies berichtet die Kleine Zeitung.
Der Entwurf sieht vor, dass die Bundeswehr ab Mitte 2027 alle Jahrgänge von 18-Jährigen mustern wird, jedoch ist kein Zwang zum Dienst vorgesehen. Ein Automatismus zur Wehrpflicht, wie von der Union gefordert, wird jedoch kritisch betrachtet. Laut dem Kompromissvorschlag sollen Männer im Falle unzureichender Freiwilligenzahl per Losverfahren zum Wehrdienst verpflichtet werden. Diese Idee wurde jedoch von Minister Pistorius abgelehnt, was die offizielle Verkündung der Vereinbarung verzögert.
Details zum Wehrdienst-Modernisierungsgesetz
Pistorius zeigt sich weiterhin zuversichtlich, dass eine Einigung über das „Wehrdienst-Modernisierungsgesetz“ bald erreicht wird. Der Gesetzentwurf soll am 5. Dezember beschlossen werden. Ab Januar 2026 müssen 18-Jährige, die sich für den Wehrdienst bereit erklären, einen Fragebogen zur Wehrdienstbereitschaft, körperlichen Leistungsfähigkeit und Bildungsabschlüssen ausfüllen. Für Frauen sind diese Vorstellungen jedoch freiwillig, wie die Deutschlandfunk berichtet.
Besondere Aufmerksamkeit wird auch auf die Wiedereinführung des Ersatzdienstes gelegt, der ebenfalls verpflichtend wieder in Kraft treten soll. Hier stehen die Details jedoch noch aus. Eine Umfrage hat ergeben, dass seit dem Ukraine-Konflikt 53% der Bevölkerung eine Rückkehr zur Wehrpflicht befürworten. Jüngere Menschen, im Alter von 16 bis 29 Jahren, zeigen jedoch eine geringere Zustimmung von nur 42%.
Rechtliche und gesellschaftliche Implikationen
In diesem Zusammenhang wird auch auf das Recht auf Kriegsdienstverweigerung verwiesen, das im Grundgesetz festgelegt ist. Die Anträge auf Kriegsdienstverweigerung sind seit dem Ukraine-Konflikt gestiegen, wobei im Jahr 2023 rund 1.100 Anträge gestellt wurden. Bis August 2025 gab es bereits etwa 2.100 Anträge. Die Bundesschülerkonferenz fordert eine breitere Diskussion, in der junge Menschen in die Entscheidungsfindung einbezogen werden sollten.
Nachdem der Zivildienst 2011 mit der Aussetzung der Wehrpflicht abgeschafft wurde, haben Wohlfahrtsverbände inzwischen Bedenken hinsichtlich des Personalmangels im Pflegebereich geäußert. Der Zugangsweg für Anträge auf Kriegsdienstverweigerung erfordert die Einreichung eines Lebenslaufs und einer Begründung beim Karrierecenter der Bundeswehr, wobei Beratungsangebote von verschiedenen Organisationen bereitgestellt werden.
In Anbetracht der aktuellen außenpolitischen Sicherheitslage, insbesondere im Hinblick auf Russland, strebt die Regierungskoalition an, die Anzahl der Zeit- und Berufssoldaten bis 2035 von 180.000 auf 260.000 zu erhöhen.