Die Fotografin Birgit Kleber, bekannt für ihre Arbeiten beim Tagesspiegel, hat eine außergewöhnliche Fotoserie zur historischen Öffnung des Grenzübergangs Sonnenallee geschaffen. Ihre Farbfotos, die von einer unverwechselbaren Kreativität zeugen, zeigen nicht nur den Ansturm der Menschen, die die neue Freiheit erleben wollen, sondern fangen auch besondere Details des Moments ein, wie etwa Besuche in einem Beate Uhse-Shop.
Die Entstehung dieser einmaligen Serie ist ebenso überraschend wie faszinierend. Kleber erfährt während einer Ausstellungseröffnung vom Mauerfall und entscheidet sich spontan, ihre Kamera zu holen. Es stellt sich heraus, dass in der Kamera noch ein Farbfilm steckt, den sie beim Fotografieren der ersten Schüsse nicht einmal bewusst eingesetzt hat. Bereits in diesen ersten sieben Aufnahmen verewigt sie den historischen Moment, der das Leben vieler Menschen zutiefst verändert hat.
Ein Blick durch den Farbfilm
Eines der eindrucksvollsten Bilder zeigt einen Trabant, der den frisch geöffneten Grenzübergang überquert. Menschen stehen auf und neben der Mauer, die damals nur einer provisorischen Wand aus Wellblech glich. Besondere Aufschriften wie „Egon, weg mit dem Beton“ zeigen die Emotionen der Menschen in dieser unvergesslichen Nacht. Die Farbfotos sind auf dicken Plastikscheiben präsentiert, was einen faszinierenden räumlichen Effekt erzeugt – man hat das Gefühl, dem Geschehen direkt beizuwohnen.
Diese Aufnahmen sind aktuell im Projektraum Alte Feuerwache zu sehen, wo die Fotografien auf einer vergrößerten Maueransicht präsentiert werden. Die Inspiration für ein weiteres bemerkenswertes Bild fand Kleber während der Arbeit an einer anderen Ausstellung, als sie ein Foto von der Mauer schoss und die Tragik und das historische Erbe des Ortes festhielt.
In der Dunkelheit der Nacht nach dem 9. November 1989 wechselte Birgit Kleber auf Schwarz-Weiß-Film. Damit hielt sie die entscheidenden Momente am Morgen nach dem Mauerfall fest, als die Menschen euphorisch auf die Mauer kletterten und die Flüchtigkeit des Moments, der vor ihren Augen geschah, dokumentierte. Ein besonders bedeutendes Bild zeigt Willy Brandt, den ehemaligen Regierenden Bürgermeister und Kanzler, der tapeziert mit den Ereignissen im Hintergrund, fast zufällig abgelichtet wurde.
Die Ausstellung und weitere Ereignisse
Die Ausstellung von Birgit Kleber, die bis zum 17. November im Projektraum Alte Feuerwache in Friedrichshain zu sehen ist, bietet nicht nur diese historischen Aufnahmen, sondern auch die Möglichkeit, mehr über die Künstlerin und ihre Perspektive auf diesen besonderen Moment der deutschen Geschichte zu erfahren. Ein Artist Talk mit Kleber und Michael Biedowicz, einem Galeristen und Kurator, findet am 31. Oktober statt, der Eintritt ist frei.
Die letzte Fotografie dieser Serie zeigt die Fassade des Palasts der Republik, von der der DDR-Staat kurz vor der Währungsunion sein Emblem abgenommen hat. Klebers Werk „The Wall“ fasst die Aura des Neuen, des Unbekannten und die verknüpften Ängste und Hoffnungen dieser prägnanten Tage der Wende zusammen und erinnert daran, wie kostbar die Freiheit ist. Jedes Bild beleuchtet nicht nur die Freude der Öffnung, sondern auch das Gefühl der Unsicherheit, das mit solchen Umwälzungen einhergeht.
Die gesamte Fotoserie ist mehr als nur eine Dokumentation; sie ist ein eindringlicher Rückblick auf eine Zeit, die viele stark geprägt hat. Von den ersten Schritten in die Freiheit bis hin zu den leeren Straßen Potsdamers Platz nach dem Mauerfall spiegelt „The Wall“ die Ambivalenz der Wende wider und gibt einen ehrlichen Einblick in die Geschichte, die bis heute nachwirkt.
Info zur Ausstellung: Alte Feuerwache, Projektraum, Marchlewskistr. 6, Friedrichshain, So – Mi 12 – 19 Uhr, Do – Sa 12 – 20 Uhr. Für weitere Informationen siehe die aktuelle Berichterstattung auf www.tagesspiegel.de.
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