Das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld (KKG) stellt seit über neun Jahren keine Stromproduktion mehr ein, doch die Debatte um dessen Sicherheit bleibt brisant. In den 33 Jahren seiner Betriebszeit wurde die Anlage von Atomkraftgegnern aus der Region genau beobachtet. Insgesamt wurden 242 meldepflichtige Ereignisse registriert, die in der öffentlichen Wahrnehmung als Störfälle gelten. Diese Vorkommnisse werfen die Frage auf: Wie sicher war das KKG wirklich?
Ein zentraler Aspekt der Sicherheitsbewertung ist die behördliche Überwachung, die in Bayern vom Umweltministerium durchgeführt wird. Betreiber des KKG sind verpflichtet, Vorfälle zu melden, die dann in Statistiken des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) einfließen.
Die Kategorien der Störmeldungen
Die „meldepflichtigen Ereignisse“ werden in Deutschland nach dem Schweregrad in drei Kategorien eingeordnet: Normalmeldung (innerhalb von fünf Tagen), Eilmeldung (innerhalb von 24 Stunden) und Sofortmeldung (unverzüglich). Diese Einteilung wurde 1986 eingeführt und ersetzt frühere Klassifizierungen. International folgt eine Bewertung nach der INES-Skala, die von Stufe 0 (geringe Auswirkungen) bis Stufe 7 (katastrophaler Unfall) reicht.
Ein Beispiel verdeutlicht die Unterschiede in der Bewertung: Im Jahr 2000 wurden Roststellen an Sicherheitsventilen entdeckt. Obwohl alle Ventile ersetzt wurden und Experten meinten, dass sie funktionsfähig gewesen wären, fiel die Einstufung international höher aus (Stufe 1), während sie nach deutschem Recht nur eine Normalmeldung erforderte.
Häufigkeit der Vorfälle
Insgesamt erreichen laut BASE maximal drei Vorfälle des KKG die Stufe 2. Die meisten Meldungen betreffen jedoch die niedrigste Stufe und traten zu Beginn des Betriebs auf. Insgesamt kann gesagt werden, dass das KKG im Vergleich zu anderen deutschen Anlagen im Mittelfeld liegt: Alle westdeutschen Atomkraftwerke verzeichneten zwischen 110 und 530 Vorkommnisse im selben Zeitraum.
Die Betreiber betonen Sicherheitsstandards
Dennoch hat der Betreiber Eon während der Betriebszeit mehrfach betont, dass die Sicherheit an oberster Stelle stehe. In regelmäßigen Prüfungen wurden hohe Sicherheitsstandards bestätigt, und auch Investitionen in Notfallpumpen und Notstromaggregate wurden hervorgehoben. Jährliche Revisionen beinhalteten außerdem umfangreiche Sicherheitstests.
Ein besonders kritischer Vorfall, der Bundesweit für Schlagzeilen sorgte, ereignete sich 2010, als ein Riss an einem Primärkreis-Rohr entdeckt wurde. Experten waren sich einig, dass der Betrieb gefahrlos fortgesetzt werden konnte, was von Kritikern als verantwortungslos eingestuft wurde. Die Debatte über die Sicherheit des KKG wurde dadurch weiter angeheizt.
Aktive Bürgerinitiativen
In Reaktion auf die Sicherheitsdebatte haben Bürgerinitiativen eigene Messstationen für Gamma-Strahlung in der Umgebung des KKG etabliert. Eine dieser Stationen befindet sich nur wenige Meter entfernt auf dem Gelände einer Kläranlage. Obwohl die Bürgerinitiativen bei den Messungen bislang nie Alarm geschlagen haben, gab es bei Verladungen von Castoren im Jahr 2006 erhöhte Strahlenwerte, die über dem erlaubten Grenzwert lagen.
Zusätzlich brachte eine Studie des Bundesamts für Strahlenschutz erhöhte Krebsraten bei Kindern in der Umgebung bayerischer Atomkraftwerke, einschließlich Grafenrheinfeld, ans Licht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind allerdings umstritten und wurden von verschiedenen Seiten unterschiedlich interpretiert.
Die Diskussion um das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld wird voraussichtlich weitergeführt werden, insbesondere da die frühere Produktionsstätte offiziell nicht mehr in Betrieb ist, jedoch weiterhin ein Zentrales Thema für viele Bürger bleibt. Für weitere Informationen können Interessierte die Berichterstattung auf m.mainpost.de verfolgen.