
Im Mai 2023 führte die Generalstaatsanwaltschaft München eine großangelegte Razzia gegen die umstrittene Gruppe "Letzte Generation" durch. Diese Aktion wurde von der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) sowie dem Landeskriminalamt koordiniert. Insgesamt durchsuchten 170 Polizisten 15 Objekte in sieben Bundesländern, was zu erheblichen Kritik und Streit vor Gericht führte.
Infolge der Razzia wurden fünf Mitglieder der Letzten Generation wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Das Landgericht München I gab zunächst keine Einzelheiten zu den konkreten Vorwürfen bekannt, und die Anklage selbst wurde von der Gruppe bestätigt. Bis zur Verhandlung gilt die Unschuldsvermutung.
Repressive Maßnahmen und Kritik an der Vorgehensweise
Die Maßnahmen der Staatsanwaltschaft, einschließlich der Abhöraktion eines Pressekontaktes der Gruppe, wurden von Journalistenverbänden als problematisch eingestuft. Münchner Gerichte bewerteten diese Aktionen jedoch als weitgehend rechtmäßig. Die Internetseite der Letzten Generation wurde während der Ermittlungen temporär abgeschaltet, mit dem Hinweis, dass die Gruppe als kriminelle Vereinigung eingestuft worden sei.
Klimaschutzminister Robert Habeck äußerte sich zu der Situation und bezeichnete die Durchsuchungsaktion als "völlig absurd". Auch Amnesty International kritisierte die Ermittlungen stark und sprach von einem "Angriff auf das Recht auf friedlichen Protest". In einem umfassenden Bericht über die Situation in Europa stellt die Organisation fest, dass viele Regierungen das Recht auf friedliche Versammlung systematisch einschränken. Protestierende werden oft kriminalisiert und stigmatisiert, was den Charakter des Demonstrationsrechts bedroht.
Vorwürfe und mögliche Strafen
Die Hauptvorwürfe gegen die Mitglieder der Letzten Generation konzentrieren sich auf Agitationen im Rahmen zuvor weitgehend eingestellter Straßenblockaden. Carla Hinrichs, eine ehemalige Sprecherin der Gruppe und eine der Beschuldigten, hat betont, dass die Straftaten von untergeordneter Bedeutung seien und die Gruppe primär auf die Aufklärung über die Klimakrise ausgerichtet sei. Bei einer Verurteilung drohen den Rädelsführern Strafen von bis zu fünf Jahren Haft, in besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren.
Ihren Standpunkt untermauerte Hinrichs damit, dass friedlich protestierende Menschen für das Überbringen von schlechten Nachrichten verurteilt werden sollen, was die Dringlichkeit des Themas Klimakrise verdeutlicht.
Die Komplexität der Situation wird durch die Tatsache verstärkt, dass bereits ähnliche Anklagen gegen Mitglieder der Gruppe in Brandenburg aufgrund von Angriffen auf verschiedene Einrichtungen zwischen April 2022 und Mai 2023 erhoben wurden. Es bleibt abzuwarten, ob es zu Prozessen kommt.
Insgesamt zeigt dieses Geschehen die steigenden Spannungen zwischen dem Recht auf Protest und der staatlichen Repression in Deutschland, was eine Vielzahl von Fragen zur Wahrung der demokratischen Freiheiten aufwirft. Auch aus der Perspektive von Amnesty International ist die Lage besorgniserregend, da die Organisation einen Anstieg repressiver Maßnahmen zur Unterdrückung abweichender Meinungen beobachtet hat.
Die Debatte um die Letzte Generation wirft nicht nur Fragen zur Definition von Kriminalität im Kontext von Umweltschutz auf, sondern beleuchtet auch die Rolle von staatlichen Institutionen beim Umgang mit Bürgerprotesten. Annie Duchrow, die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, appelliert daran, die Bedeutung des friedlichen Protests für Rechte und Freiheiten zu erkennen und die aktuelle Entwicklung kritisch zu beobachten.
Für weitere Informationen lesen Sie die ausführlichen Berichte auf Kosmo, tz und Amnesty International.
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