Rund um den Hochstaufen bei Bad Reichenhall ist es in letzter Zeit zu einer vermehrten Erdbebenaktivität gekommen. In den vergangenen Wochen registrierte der Erdbebendienst Bayern über 200 dieser sogenannten Schwarmbeben, die teils deutlich spürbar waren. Die Magnituden dieser Erschütterungen lagen zwischen 1,8 und 2,5, was sie nicht gefährlich macht, jedoch als störend empfunden wird. Diese Beben sind Teil einer dynamischen geologischen Aktivität im gesamten Alpenbogen.
Joachim Wassermann, Geophysiker und Seismologe am Geophysikalischen Observatorium der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München, hat sich der Forschung dieser seismischen Ereignisse verschrieben. Sein Team beobachtet nicht nur die Aktivitäten rund um Bad Reichenhall, sondern auch andere Bereiche des Freistaats, um besser zu verstehen, was die Erde in dieser Region bewegt. Laut Wassermann ziehen die Beben oft mehrere gleich große Erschütterungen nach sich, die in kurzer zeitlicher Abfolge auftreten, ähnlich einem Gewitter.
Ursachen und Symptome der seismischen Aktivität
Wassermann untersucht die seismischen Aktivitäten in der Region besonders intensiv, da sie historische Bedeutung haben. Bereits im Jahr 1390 kam es hier zu einem durchgehenden Erdbeben, das erhebliche Schäden hinterließ. Aktuell wird vermutet, dass das viele Regenwasser eine wesentliche Rolle bei den neueren Erdbeben spielt. Der Hochstaufen gilt als verkarstet, was bedeutet, dass unterirdische Hohlräume und Risse vorhanden sind, durch die Wasser schnell in den Berg eindringen kann. Dies führt zu Spannungen im Gestein, die sich dann in Beben äußern.
Die Schwarmbeben sind ein spezifisches Phänomen, das in dieser Region zwischen April und September vermehrt auftritt. Wassermann erläutert, dass sich der Berg durch die Last, die durch Regen und andere Faktoren erzeugt wird, wieder in seine ursprüngliche Form zurückbewegt. Diese Spannungsänderungen können auch zu Nachbeben führen, die weniger stark ausgeprägt sind, aber dennoch wahrgenommen werden.
In den vergangenen Jahrzehnten gab es auch bedeutende Beobachtungen wie etwa eine Serie von Mikrobeben, die vor 29 Jahren dokumentiert wurde. Damals wurden mehrere Hundert Erdbeben über seismische Mobilstationen erfasst, wobei die Ursachen erforscht wurden. Ein Großteil der aktuellen Erdbebenherde liegt im Staufengebirge, wo auch in der Nähe von Ramsau gelegentlich kleinere Beben registriert werden.
Die Geologie der Region spielt für die jeweilige Aktivität eine essentielle Rolle. Am Hochstaufen treffen verschiedene geologische Formationen aufeinander, darunter die Sedimentgesteine des Flysch sowie das Haselgebirge und Kalkstein. Diese Komplexität erklärt die erhöhte Seismizität. Daneben gibt es in den Nordalpen bekannte Störungsbahnen, die häufig zu seismischen Aktivitäten führen, wie etwa die Saalach- und Inntal-Störungen.
Um den seismischen Bewegungen auf den Grund zu gehen, haben die Mitarbeiter des bayerischen Erdbebendienstes sieben Seismografen rund um den Hochstaufen installiert. Diese hochsensiblen Messinstrumente sind dazu in der Lage, die Bewegungen der Erdoberfläche präzise aufzuzeichnen. Ein besonderes Exemplar befindet sich auf dem Gipfel des Hochstaufen, während ein weiteres Messgerät nicht weit vom Salzbergwerk in Berchtesgaden verborgen ist. Letzteres ist in einem Blindschacht etwa 30 Meter unter der Erde installiert, um Störungen durch Besucher zu minimieren. Mit diesen Geräten hat Wassermann und sein Team sogar die Möglichkeit, weltweite Erdbeben zu erfassen und deren Ursachen zu analysieren.
Die wissenschaftlichen Bemühungen, die hinter diesen Erdbeben stehen, könnten in Zukunft eine umfassendere Erklärung liefern, warum es in Bad Reichenhall zu diesen Schwarmbeben kommt. Das Team unter Leitung von Wassermann ist bestrebt, mehr Licht in dieses seismische Rätsel zu bringen und die Dynamik der erdlichen Bewegungen besser zu verstehen. Die ständige Überwachung und Forschung machen Hoffnung, dass die Rätsel von Mutter Erde eines Tages entschlüsselt werden können. Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich auf muenchen.t-online.de.
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