Die Berge ziehen immer mehr Menschen an, die Natur lockt mit ihrer Schönheit. Doch der Anstieg an Wanderern hat auch seine Schattenseiten. Markus Albrecht, ein engagierter Bergretter aus Füssen, der seit zwölf Jahren bei der Bergwacht tätig ist, beobachtet die negative Entwicklung mit Sorge. „Wir müssen immer öfter ausrücken“, berichtet er. Im vergangenen Sommer wurden die Einsatzkräfte in Bayern 3320 Mal alarmiert, wobei 67 Menschen ihr Leben verloren. Ein Beispiel: Ein 37-Jähriger stürzte im Berchtesgadener Land und konnte nicht mehr gerettet werden.
Die Zahl der Notfälle in den Bergen nimmt kontinuierlich zu. Vor allem in Füssen, wo die Bergwacht eine zentrale Rolle spielt, pfeift der Alarm immer öfters. Bereits 128 Einsätze stehen in dieser Saison zu Buche, und das Jahr ist noch nicht vorbei. Albrecht ist überzeugt: „Das könnte ein neuer Rekord werden.“ Er beobachtet, dass vielen Wanderern die nötige Erfahrung fehlt, um die gefährlichen Bedingungen in den Bergen richtig einzuschätzen.
Die Gefahren von unzureichender Vorbereitung
Nicht selten müssen die Rettungskräfte Menschen bergen, die die Natur unterschätzt haben. Ein Beispiel dafür sind zwei Urlauber, die im Schneefeld nicht mehr vorankamen, weil sie den plötzlichen Wintereinbruch nicht berücksichtigen konnten. Erfahrungen und Voraussicht sind entscheidend. Albrecht erklärt, dass es nicht nur die mangelnde Ausrüstung ist, die gefährlich ist, sondern dass viele Wanderer die Gefahren am Berg nicht kennen. Manchmal kommt es zu Missverständnissen, wenn Wanderer Apps zur Navigation nutzen und sich dann in riskante Situationen bringen.
„Oft sehen wir, dass Leute sich auf Apps verlassen und dabei Warnungen oder zusätzliche Karten ignorieren. Das kann fatale Folgen haben“, sagt Albrecht. Seile, Karabiner und andere Sicherheitselemente sind in der Rettungswache in Füssen griffbereit, doch oft sind es einfache Missverständnisse oder Fehleinschätzungen, die zu Notfällen führen.
Psychologe Jan Mersch weist darauf hin, dass auch die mentale Abwesenheit vieler Wanderer ein Problem darstellt. „Viele sind mehr mit dem Fotografieren ihrer Erlebnisse beschäftigt, als die Umgebung wirklich wahrzunehmen“, sagt er. Diese Haltung führt oft dazu, dass sie sich in gefährliche Lagen begeben. Mersch hat auch festgestellt, dass Wanderer den Zeitpunkt, an dem sie umkehren sollten, häufig nicht erkennen. „Sie scheuen davor zurück, weil sie den Gipfel unbedingt erreichen wollen“, erklärt er.
Soziale Medien und ihre Risiken
Die Verbreitung sozialer Medien verstärkt diese Problematik noch: Viele Wanderer fühlen sich unter Druck gesetzt, perfekte Bilder zu schießen, während sie in den Bergen unterwegs sind. Diese Erwartung kann dazu führen, dass sie eigene Sicherheit und Gesundheit vernachlässigen. „Die Leute machen oft das Risiko für einen Schnappschuss nicht klar. Dabei können selbst harmlose Ziele gefährlich sein“, warnt Mersch.
Doch nicht nur unerfahrene Wanderer, die oft unvorbereitet den Berg erklimmen, stellen ein Problem dar. Selbst erfahrene Alpinisten können in Unfälle verwickelt werden. Albrecht erinnert sich an den tragischen Fall einer 23-Jährigen, die beim Klettern am Tegelberg mit schweren Verletzungen abgerutscht und später im Krankenhaus verstorben ist. Solche Einsätze hinterlassen Spuren bei den Rettungskräften; die Verarbeitung solcher Erlebnisse ist wichtig, um nicht selbst emotional zu erlahmen.
Die Bergwacht in Füssen steht vor einer Herausforderung. „Wir sind keine Helden, sondern Menschen, die sich um die Sicherheit ihrer Mitmenschen kümmern“, betont Albrecht. „Ein gewisses Risiko bleibt immer, aber es liegt in unserer Verantwortung, Einsätze abzubrechen, wenn die Bedingungen zu gefährlich sind.“
Wenn der Melder klingelt, muss alles stehen und liegen gelassen werden. Im Notfall sind die Feuerwehr und das Krankenhaus schnell erreichbar, aber der Weg in die Berge ist oft lang und steinig. „Der Hubschrauber kann nicht immer fliegen, besonders bei schlechtem Wetter“, erläutert Albrecht. Deshalb ist es wichtig, dass auch die Wanderer lernen, vorausschauend zu handeln und sich nicht nur auf die Bergwacht zu verlassen.
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