Die kontroverse Oper „Sancta“ an der Stuttgarter Staatsoper sorgt für Aufregung. Schon vor der Premiere waren die Zuschauer gewarnt worden: Die Inszenierung enthält explizite Szenen und heftige Darstellungen. Doch das Publikum schien darauf nicht ausreichend vorbereitet zu sein, denn nach den ersten Aufführungen mussten sich rund 18 Besucher wegen Übelkeit an den Besucherservice wenden. In drei Kasus wurde sogar ein Arzt hinzugezogen, wie der Sprecher Sebastian Ebling berichtete.
Von Florentina Holzinger, einer österreichischen Künstlerin, bekannt für ihre provokativen Arbeiten, geht diese gewagte Inszenierung aus. Ihre Stücke thematisieren oft die Darstellung weiblicher Körper, erotische Beziehungen sowie gesellschaftliche und religiöse Gewalt. In „Sancta“ verbindet sie nackte, morbide Erotik mit einer kritischen Auseinandersetzung mit Religion. Die Oper steht im Zeichen von Spiritualität, Sexualität und dem Widerstand gegen sexuelle Unterdrückung. Ebling betont, dass die Aufführung einen bewussten Tabubruch darstellt und einen Beitrag zur Kulturwelle der Gegenwart leistet.
Warnungen vor expliziten Inhalten
Die Staatsoper warnte auf ihrer Webseite nicht nur vor der expliziten Darstellung von Sexualität, sondern auch vor gewalttätigen Szenen, die echtes Blut sowie verschiedene Körperverletzungen zeigen würden. Stroboskopeffekte und starke Lautstärke würden das gesamte Erlebnis intensivieren. In der Einladung für „Sancta“ wird das Publikum direkt angesprochen, wagemutig zu sein und „neue Theatererfahrungen“ zu suchen, gleichzeitig wird jedoch auch auf mögliche Retraumatisierungen hingewiesen. Die Staatenoper bleibt bei der intensiven Nutzung risikoreicher Theatermittel ohne Kompromisse.
Die Premiere der Oper war umjubelt; dennoch stellt sich die Frage, ob solche empörenden Inhalte der richtigen Aufklärung dienen. Ebling weist darauf hin, dass solche Reaktionen wie Übelkeit und Ohnmacht immer wieder in der Oper auftreten würden, sei es in Stuttgart oder anderswo. Der Veranstalter sieht also keinen Grund, die geplanten fünf weiteren Aufführungen abzusagen oder in irgendeiner Form zu ändern.
Erfahrungen aus Schwerin
In Schwerin hatte die „Sancta“-Premiere ebenfalls stattgefunden, allerdings ohne nennenswerte Vorfälle. Katharina Nelles, die Öffentlichkeitsarbeiterin des Mecklenburgischen Staatstheaters, berichtete, dass es bei vier ausverkauften Aufführungen keine Meldungen über Übelkeit oder Ohnmacht gegeben hätte. Diese Unterschiede zwischen den Reaktionen in Stuttgart und Schwerin werfen Fragen auf: Was macht eine Inszenierung so anders in der Wahrnehmung der Zuschauer?
Insgesamt bleibt „Sancta“ ein faszinierendes Beispiel für Theater im 21. Jahrhundert, das stark auf die Möglichkeiten des Theaters setzt, neue Aspekte der menschlichen Erfahrung für das Publikum zu erkunden und gleichzeitig die Grenzen der Darstellung und Wahrnehmung herauszufordern. In diesem Sinne bezieht sich die Diskussion um die Inszenierung nicht nur auf den Reiz des Schocks, sondern auch auf die künstlerische Freiheit und den Platz, den solch konfrontative Kunstform in unserer Gesellschaft hat. Ob die Stuttgarter Staatsoper die kritischen Töne in den nächsten Aufführungen respektiert, bleibt abzuwarten.
Für zusätzliche Informationen über diese komplexe Thematik, können interessierte Leser den Artikel auf www.swr.de nachlesen.