Der Bodensee-Airport in Friedrichshafen kämpft weiterhin mit erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen. Während die Entscheidung getroffen wurde, die Kurzarbeit für die rund 160 Mitarbeiter zu verlängern, ist die Situation am benachbarten Flughafen Memmingen ganz anders: Dieser erfreut sich eines unaufhaltsamen Wachstums und erwartet in diesem Jahr neue Rekordzahlen mit über drei Millionen Passagieren. Die ungleiche Entwicklung wirft Fragen auf, die sowohl die Zukunft des Friedrichshafener Flughafens als auch die strategischen Ansätze der beiden Regionalflughäfen betreffen.
Der Flughafen Friedrichshafen, der in den letzten Jahren massiv an Passagieren verloren hat, plant eine drastische Reduzierung seines Winterflugplans. Um die Situation zu verbessern, hat der Flughafenchef Claus-Dieter Wehr die Hoffnung geäußert, innerdeutsche Flugverbindungen zurückgewinnen zu können. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass der Flughafen für die Region von großer Bedeutung ist, da die Anbindung durch Bahn und Auto nicht optimal ist.
Der Vorteil der Lage
Ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Memmingen Airports ist seine verkehrsgünstige Lage, die unkomplizierte Erreichbarkeit und die damit verbundene hohe Kaufkraft in der Region. Geschäftsführer Ralf Schmid hebt hervor, dass die gefragte Catchment Area, die über 11,3 Millionen Menschen innerhalb von zwei Stunden Fahrzeit umfasst, zu diesem Erfolg beiträgt. Im Gegensatz dazu ist der Bodensee-Airport durch den Bodensee von wichtigen Städten und Verkehrsanbindungen abgeschnitten.
Die Städte Ulm, Stuttgart und München sind von Memmingen aus leicht zu erreichen, was zusätzlich Fluggäste aus der Schweiz und Österreich anlockt. Diese strategische Lage hat der Flughafenbetreiber aus einem ehemaligen Militärstandort an die Spitze des regionalen Flugverkehrs geführt. Als Memmingen 2007 den Linienflugverkehr aufnahm, hat sich die Flughafennutzung weit über den ursprünglichen Erwartungen entwickelt.
Unterschiedliche Geschäftsmodelle
Ein weiterer wichtiger Faktor sind die unterschiedlichen Geschäftsstrategien der beiden Flughäfen. Während Memmingen vor allem auf Low-Cost-Carrier wie Ryanair setzt, hatte Friedrichshafen auch innerdeutsche Verbindungen im Angebot, die jedoch zunehmend verloren gehen. Der Verlust der Lufthansa-Verbindung nach Frankfurt zeigt deutlich, wie gefährdet die Angebote am Bodensee-Airport sind. Wehr kommentierte dies mit den Worten, dass kleinere Flughäfen wie der in Friedrichshafen sofort die Konsequenzen solcher Entwicklungen spüren.
Memmingen hingegen verzeichnet eine stabile Nutzerzahl, auch dank der niedrigen Gebühren, die es ermöglichen, beliebte Airlines zu halten. Dennoch birgt das Geschäftsmodell der Billigflieger auch Risiken, da es auf unberechenbare Marktbedingungen angewiesen ist. Sollte Ryanair sein Engagement in Memmingen zurückziehen, wäre dies zwar schmerzhaft, jedoch nicht existenzbedrohend für den Flughafen, so Schmid.
Die Überlegungen zur Zukunft des Bodensee-Airports sind tiefgründiger, da er durch die öffentlichen Eigentümer – die Stadt und der Bodenseekreis – um seine Stellung kämpft. Der Landkreis bekräftigt, dass der Flughafen ein wichtiger Standortfaktor ist, und dass die Landesregierung bereit ist, weitere Unterstützung zu bieten, um das Luftverkehrsangebot aufrechtzuerhalten.
In einem ambitionierten Schritt plant Friedrichshafen zudem ein neues Konzept namens „Fly on demand“, das ab 2025 Passagieren die Möglichkeit bieten soll, selbst Reiseziele vorzuschlagen. Dies könnte eine innovative Lösung sein, um die Passagierzahlen zu steigern, nachdem im vergangenen Jahr nur 315.000 Menschen den Flughafen nutzten, im Vergleich zu 540.000 im Jahr 2013.
Die Ansätze zur Belebung des Flughafens könnten auch die Entwicklung von umweltfreundlicheren Flugzeugen beinhalten. Wehr sieht die Zukunft in der Einführung von Flugzeugen mit Elektrozellen- oder Brennstoffzellen-Antrieb, die sich hervorragend für kleinere regionale Märkte eignen. Diese Innovation könnte der Schlüssel sein, um den Luftverkehr in der Region wiederzubeleben.
Detaillierte Informationen über die aktuellen Entwicklungen am Flughafen Friedrichshafen und den Vergleich mit anderen Regionalflughäfen finden sich hier bei www.swr.de.