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94-jähriger Holocaust-Überlebender kehrt nach Bobenhausen zurück

Der 94-jährige Lothar Katz kehrt nach 85 Jahren in das einstige Zuhause seiner Familie in Bobenhausen zurück und erzählt von seiner Flucht vor dem Nationalsozialismus nach Uruguay – eine bewegende Reise zwischen Erinnerungen, Verlust und der Kraft der Menschlichkeit, die selbst ein jahrzehntelanges Trauma nicht verbittert hat!

Im malerischen Dorf Bobenhausen, einem Ortsteil von Ulrichstein im Vogelsbergkreis, fand kürzlich ein bewegendes Wiedersehen statt. Lothar Katz, der heute 94 Jahre alt ist und in Uruguay lebt, kehrte an den Ort seiner Kindheit zurück. Bobenhausen hat eine tragische Geschichte: Bis zur Deportation im September 1942 lebte hier eine jüdische Gemeinschaft, die im Zuge des Holocaust brutal ausgelöscht wurde.

Für Lothar Katz, der mit seiner Familie im Jahr 1938 nach Uruguay emigrierte, war der Besuch eine emotionale Rückkehr. Gemeinsam mit seiner Frau Olga und seinen Enkeln machte er sich auf die lange Reise von Montevideo, die mehr als 11.000 Kilometer Luftlinie umfasst. Katz beschrieb seine Jugend in Bobenhausen als „wunderschön“ und bemerkte, dass er trotz der langen Zeit, die vergangen ist, noch viele prägnante Erinnerungen an seine frühe Kindheit hat.

Die Erinnerungen an den Aufbruch

Der Umzug nach Uruguay war für die Katz-Familie eine Frage des Überlebens. Lothar erzählte, dass seine Onkel und andere Verwandte ermordet wurden, während seine unmittelbare Familie dem Terror der NS-Zeit durch die Auswanderung entkam. „Meine Familie hat überlebt, weil sie ausgewandert ist“, sagte Katz mit einem Hauch von Traurigkeit in der Stimme. Die Erde, auf der er einst aufwuchs, war nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten für Juden unhaltbar geworden. Hierbei erinnerte er sich an die herzliche Aufnahme, die er in Uruguay erfahren hatte, wo ihm niemand nach seiner Religion fragte.

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Die Nacht der Novemberpogrome 1938 war für Lothar und seine Familie besonders traumatisch. Er schilderte, wie SA-Männer in ihr Haus eindrangen und versuchten, seinen Vater zu verhaften. Glücklicherweise konnten sie mit einem Pass, der für ihre Auswanderung nach Uruguay ausgestellt worden war, rechtzeitig fliehen.

In Uruguay angekommen, stellte sich die Familie Katz der Herausforderung, sich in einem neuen Land und einer anderen Kultur zurechtzufinden. Das lokale Klima war anders, und die Sprache gab ihnen anfangs zu schaffen. Doch schon bald erlernte Lothar Spanisch und fand seinen Platz in der neuen Gesellschaft.

Ein besonderes Wiedersehen

Nach all den Jahren kam Lothar Katz nicht nur selbst zurück, sondern brachte auch seine Enkelkinder mit, die von den Geschichten ihres Großvaters fasziniert sind. Für sie war es eine besondere Erfahrung, das Elternhaus ihres Großvaters zu besuchen, das heute einem neuen Eigentümer gehört. Der aktuelle Besitzer, Christoph Kroll, zeigte sich offen und gastfreundlich. Vor dem Haus, wo Lothar Katz seine Kindheit verbrachte, erzählte er seinen Enkeln von den Nüssen, die seine Mutter einst im Garten anbaute, und von den Ziegen, die sie hielten.

Zusammen mit dem Ortsvorsteher Karl-Heinz Rudi unternahm die Familie einen Rundgang durch Bobenhausen. Sie besuchten auch den jüdischen Friedhof, wo die Gräber von Lothars Vorfahren liegen. Leider sind einige Grabsteine in der Vergangenheit geschändet worden. Bedeutsam war für Lothar Katz die Erkenntnis, dass trotz der dunklen Vergangenheit, die er erlebt hat, die Menschlichkeit und die Freundlichkeit, die er zurückfand, im Vordergrund stehen. „Wenn ich hierher nach Bobenhausen komme, sehe ich nicht die Deutschen, sondern die Menschen, die mich freundlich aufgenommen haben“, betonte er.

Seine Lebensgeschichte ist vom Streben nach Freiheit geprägt. Katz äußerte: „Ohne Freiheit bist du nichts.“ Diese Worte spiegeln nicht nur seine eigene Erfahrung wider, sondern auch die Hoffnung auf eine respektvolle und offene Gesellschaft, für die es sich lohnt, zu kämpfen.

Für Lothar Katz bleibt Bobenhausen nicht nur ein Erinnerungsort, sondern auch ein Symbol für den Überlebenswillen und die Resilienz einer Generation, die trotz herber Verluste nie die Hoffnung aufgegeben hat. Er plant, seine Besuche fortzusetzen und damit die Erinnerung an die Vergangenheit lebendig zu halten. Mehr über diese bewegende Geschichte erfahren Sie hier.

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