In der Eifel, konkret in den Städten Heinsberg und Roetgen, wird ein zukunftsweisendes Projekt zur kommunalen Energieverteilung ins Leben gerufen, das als Vorbild für viele andere Gemeinden dienen könnte. Die RWTH Aachen zusammen mit der Universität Duisburg-Essen hat die Federführung über das Projekt mit dem Namen NEKOM übernommen, was für nachhaltige Speicher- und Energieverteilungssysteme steht. Für die Umsetzung haben das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen sowie die Zukunftsagentur Rheinisches Revier gemeinsam eine Summe von einer Million Euro bereitgestellt. Damit soll grundlegend eine neue Infrastruktur für den Umgang mit erneuerbaren Energiequellen geschaffen werden.
Heinsbergs Bürgermeister, Kai Louis, berichtet von der Entscheidung, die Stadt als Musterkommune zu wählen. Der Fokus des Projekts liegt auf der Entwicklung von Konzepten zur Nutzung von überschüssigem Strom, der in erster Linie aus Wind- und Sonnenenergie stammt. Diese innovative Herangehensweise wird besonders in ländlichen Gebieten und kleineren Städten als notwendig erachtet, da die Erzeugung von Strom zunehmend dezentralisiert wird. Bisher war die Stromproduktion vor allem auf große Kraftwerke konzentriert; nun richtet sich der Blick auf die Möglichkeiten, die das Land mit seinen Flächen für Wind- und Photovoltaikanlagen bietet.
Integration erneuerbarer Energien
Einer der Grundgedanken hinter NEKOM ist die Frage, wie überschüssiger, umweltfreundlicher Strom effizient gespeichert und genutzt werden kann. Dazu ist es entscheidend, die bestehende Infrastruktur der Städte und Gemeinden anzupassen. Das Projekt beschränkt sich allerdings nicht nur auf die technische Machbarkeit. Auch der Aspekt der gesellschaftlichen Akzeptanz spielt eine zentrale Rolle. Die beteiligten Wissenschaftler untersuchen, welche Maßnahmen für neue Speicher- und Verteilungssysteme bei der Bevölkerung Anklang finden und wie mögliche Ängste oder Vorbehalte ausgeräumt werden können.
Zur praktischen Umsetzung der Speicherlösungen arbeiten die Stadt Heinsberg und der lokale Netzbetreiber Alliander eng mit der RWTH Aachen zusammen. Der erste Schritt in dieser Kooperation besteht darin, Strom- und Wärmeüberschüsse zu identifizieren und deren spätere Nutzung zu planen. Ein typisches Beispiel ist die Verwendung von Batteriespeichern in Verbindung mit Wohnhaus-Photovoltaikanlagen. „Wenn die PV-Anlage tagsüber mehr Strom produziert als benötigt wird, kann dieser Strom gespeichert werden, zum Beispiel um abends Elektroautos zu laden”, erklärt Louis. Dies entlastet nicht nur das Netz, sondern erlaubt eine aktive Energienutzung.
Ein weiteres, innovatives Beispiel umfasst die Umwandlung von überschüssiger elektrischer Energie in Wärme oder Wasserstoff. Während der besten Produktionszeiten, wenn der Strombedarf niedrig ist, wird durch Elektrolyse Wasserstoff erzeugt, der später für Heiz- oder Industrieprozesse genutzt werden kann. Diese Flexibilität in der Nutzung macht die Speicherung von Energie deutlich effizienter.
Potenzial für andere Kommunen
Die Ergebnisse aus den Untersuchungen unter dem NEKOM-Projekt sollen nicht nur Heinsberg zugutekommen, sondern auch als Leitfaden für andere Kommunen dienen. Es ist vorgesehen, konkrete Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, die es Städten und Gemeinden erleichtern, ihre Potenziale zu erkennen und aktiv zu werden. Bürgermeister Louis ist überzeugt: „Das Potenzial für Heinsberg und die Alliander Netz Heinsberg ist groß. Eine durchdachte Platzierung von Energiespeichern könnte helfen, den Netzausbau zu reduzieren und die Versorgungsqualität dennoch hochzuhalten.”
Im Rahmen einer umfassenden Stadtplanung ist somit auch die frühzeitige Einbeziehung der Speichersysteme von größerem Wert. Die positiven Effekte einer engen Zusammenarbeit zwischen Kommunen, Wissenschaft und der Wirtschaft könnten weitreichende Auswirkungen auf zukünftige Energieverteilungssysteme haben.
Ein Schritt in die Zukunft der Energieverteilung
Die Initiativen, die Heinsberg und Roetgen im Rahmen des NEKOM-Projekts ergreifen, könnten tatsächlich einen Vorreiteranspruch für die gesamte Region und darüber hinaus erheben. Während viele Städte Schwierigkeiten haben, ihre Energiekonzepte zu modernisieren, zeigen Heinsberg und Roetgen, wie eine intelligente Integration erneuerbarer Energien funktionieren kann. Der Erfolg dieses Projekts wird nicht nur die energetische Selbstversorgung vorantreiben, sondern könnte auch ein neues Kapitel in der Diskussion um die Akzeptanz der Energiewende aufschlagen.
Die Entwicklung der Energiespeichertechnologien hat in den letzten Jahren einen bemerkenswerten Fortschritt erfahren. Vor allem die Kosten für Batterien, die für die Speicherung von überschüssiger Energie verwendet werden, sind signifikant gesunken. Laut einer Analyse der Internationalen Energieagentur (IEA) sind die Preise für Lithium-Ionen-Batterien, die häufig in Elektroautos und stationären Energiespeichersystemen eingesetzt werden, seit 2010 um über 85 Prozent gefallen. Dies hat nicht nur die wirtschaftliche Machbarkeit von Projekten wie NEKOM erhöht, sondern auch die Akzeptanz der Technologien in der breiten Bevölkerung verbessert. International Energy Agency
Zusätzlich hat eine Studie von BloombergNEF gezeigt, dass die weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien und damit verbundene Speichertechnologien im Jahr 2021 ein Rekordniveau von 291 Milliarden US-Dollar erreicht haben. Dies deutet darauf hin, dass die Energiewende nicht nur in Deutschland, sondern global vorangetrieben wird, was eine Vielzahl von innovativen Lösungen und Ansätzen fördert, die auch in lokalen Projekten wie NEKOM Anwendung finden können. BloombergNEF
Integrative Ansätze zur Akzeptanzsteigerung
Im Rahmen des Projekts NEKOM ist die Akzeptanz der neuen Technologien ein zentrales Thema. Forschungen zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger oft Bedenken in Bezug auf die Sichtbarkeit und Integration von Energiespeichersystemen in ihrem Lebensumfeld haben. Um diesen Bedenken entgegenzuwirken, verfolgt das Projekt einen integrativen Ansatz, bei dem lokale Gemeinschaften aktiv in die Planungsprozesse einbezogen werden. Umfragen und öffentliche Diskussionen sind wesentliche Bestandteile, um Verständnis und Unterstützung für das Projekt zu fördern.
Ein gutes Beispiel hierfür sind Projekte in Dänemark, wo Gemeinschaftsenergienutzung erfolgreich implementiert wurde. Dort wurden Bürgerbeteiligung und Transparenz in den Planungsphasen hoch priorisiert, was zu einer breiten Akzeptanz der Windkraftanlagen und Speichersysteme führte. Solche Beispiele bieten wertvolle Lektionen für die Durchführung ähnlicher Projekte in Deutschland.
– NAG