Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hat klargestellt, dass er keine baldigen Zinssenkungen für die Eurozone erwartet. In einem Redebeitrag während einer Veranstaltung der Commerzbank in Frankfurt betonte er, dass es „sicher“ sei, dass „die Leitzinsen nicht so schnell und stark runtergehen, wie sie raufgegangen sind“. Zwar bleiben die künftigen Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) ungewiss, doch Nagel weist auf die Abhängigkeit von den Konjunkturdaten hin: „Die Zeitabstände zwischen den potenziellen Schritten können variieren“, sagte er und fügte hinzu, dass die geldpolitische Ausrichtung „hinreichend straff“ bleiben solle, um die Inflationsrate mittelfristig auf das EZB-Ziel von zwei Prozent im Euroraum zurückzuführen.
Die EZB hatte im vergangenen Jahr im Rahmen ihrer Maßnahmen zur Bekämpfung der hohen Inflation, die im Herbst 2022 mehr als zehn Prozent betrug, die Leitzinsen zehnmal anhöhen müssen. In jüngster Zeit, als sich die Inflation zu stabilisieren schien, hat die EZB im Juni eine Wende in der Geldpolitik eingeleitet und senkte den Einlagensatz im September erneut um 0,25 Prozent auf nun 3,5 Prozent. Angesichts dieser Entwicklungen gehen manche Beobachter davon aus, dass die EZB in ihrer Sitzung im Oktober einen Halt einlegen könnte.
Inflation und ihre Herausforderungen
Im August lag die Inflation in der Eurozone bei 2,2 Prozent, dennoch äußerte Nagel Bedenken, dass der Druck auf die Löhne „nur langsam nachlässt“. Er stellte fest, dass der Rückgang der Teuerung hauptsächlich auf fallende Energiepreise zurückzuführen ist. „Aktuell ist die Inflation noch nicht da, wo wir im EZB-Rat sie haben wollen“, merkte Nagel an und unterstrich so die Herausforderungen, vor denen die EZB steht. Es ist klar, dass trotz der positiven Entwicklungen, der monetäre Druck auf die Inflation weiterhin besteht und Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Ziel zu erreichen.
Ein weiteres wichtiges Thema, das Nagel zur Sprache brachte, war die Frage der Schuldenbremse. Er forderte eine moderate Reform dieser Regelungen, um den fiskalischen Spielraum Deutschlands zu erweitern, besonders im Hinblick auf erhöhte Ausgaben für Klimaschutz und Verteidigung. Nagel erinnerte daran, dass die Verschuldungsquote in Deutschland der 60 Prozent-Obergrenze, die im europäischen Maastricht-Vertrag festgelegt ist, näherkommt. Aktuell liegt die Schuldenquote bei 63,7 Prozent und somit war es für ihn an der Zeit, diese Regeln zu überdenken.
Die Schuldenbremse, im Grundgesetz verankert, erlaubt dem Bund nur begrenzte Möglichkeiten zur Neuverschuldung. In der Diskussion um den Haushalt innerhalb der Ampel-Regierung kommt es regelmäßig zu Kontroversen über die Schuldenbremse, wobei die FDP auf die Einhaltung der Regeln pocht. Dieser Streit verdeutlicht die Herausforderungen, die bei der Kombination von verantwortungsvollem Schuldenmanagement und der Notwendigkeit von Investitionen in Zukunftsbereiche wie Klimaschutz und militärische Verteidigung bestehen.
Zusammengefasst zeigt die Haltung von Nagel, dass die Bundesbank auf eine geduldige und wohlüberlegte Politik setzt, um die wirtschaftlichen Bedingungen zu stabilisieren, und zwar sowohl auf Zinsebene als auch in Bezug auf die Finanzpolitik. Nagels Äußerungen geben somit einen klaren Einblick in die monetäre und fiskalische Strategie der Bundesbank und unterstreichen die Herausforderungen, vor denen Deutschland und die Eurozone insgesamt stehen.
Für weiterführende Informationen zu diesen Themen kann auf die [Berichterstattung von www.shz.de](https://www.shz.de/deutschland-welt/wirtschaft/artikel/bundesbank-praesident-erwartet-keine-schnellen-zinssenkungen-47753550) verwiesen werden.