In Gießen wurde vergangenen Dienstag ein Wirtschaftsfrühstück abgehalten, das sich eingehend mit den Herausforderungen und Chancen der Nachhaltigkeit für Unternehmen befasste. Professor Isabell Lenz von der Technischen Hochschule Mittelhessen war die Hauptrednerin und berichtete über die neuen Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die für viele Unternehmen entscheidend sein könnten.
Zu Beginn der Veranstaltung, die von der Wirtschaftsförderung der Stadt und dem Landkreis zusammen mit dem Technologie- und Innovationszentrum organisiert wurde, präsentierte Lenz die komplexen Begriffe und Regelungen, die auf die Unternehmen zukommen. Begriffe wie CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und ESRS (European Sustainability Reporting Standards) dürften in der Unternehmenswelt bald gängig werden, so Lenz.
Herausforderungen und Anforderungen für Unternehmen
Die neue EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet vorrangig große Unternehmen, bis 2028 detaillierte Berichte über ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt sowie über Nachhaltigkeitsaspekte zu erstellen. Obwohl kleinere Unternehmen zunächst nicht direkt betroffen sind, müssen sie aufgrund von Lieferketten immer häufiger Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellen. Dies könnte bedeuten, dass auch sie stärker in die Pflicht genommen werden, die erforderlichen Daten zu liefern.
Laut Lenz stehen diesen neuen Anforderungen hohe Kosten und ein erheblicher Zeitaufwand gegenüber. Die Erstellung der ESRS stelle für viele Unternehmen eine enorme Herausforderung dar, die bis zu 1.000 Datenpunkte beinhalten kann. Die Formulierung und Umsetzung dieser Standards könnte allerdings auch eine Chance darstellen, um nachhaltigere Geschäftsmodelle zu entwickeln und Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen.
„Eine regelmäßige Berichterstattung führt zu Verbesserungen und Fortschritten innerhalb der Unternehmen“, erklärte Lenz. Dies beziehe sich nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf die damit verbundenen Ressourcen und die Kreislaufwirtschaft. Eine Frage, die jedes Unternehmen sich stellen sollte, ist: „Wie kann ich meine Produkte nachhaltiger gestalten?“
Die Veranstaltung sprach zudem die dennoch vorhandene Unsicherheit unter den Teilnehmern an. Einige äußerten ihre Bedenken, wie sich das neue „Bürokratiemonster“, wie es die Frankfurter Allgemeine bezeichnet, auf ihre Betriebe auswirken wird. „Wahnsinn, wer soll all diese Informationen überhaupt lesen?“, war eine häufige Reaktion aus dem Publikum. Die Angst vor der Bürokratie scheint also nicht unbegründet zu sein.
In Anbetracht dessen hat die EU auch einen Entwurf für die „Voluntary Small and Medium Enterprise European Sustainability Reporting Standards“ (VSME) erstellt, die für kleinere Unternehmen empfohlen werden, die nicht unter die strengen Vorgaben der CSRD fallen. Es bleibt abzuwarten, wie Unternehmen sich auf diese neuen Herausforderungen einstellen und welche Strategien sie entwickeln werden, um sowohl den gesetzlichen Vorgaben gerecht zu werden als auch ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Diese Thematik wird sicherlich in den kommenden Monaten und Jahren von hoher Relevanz sein, denn die Anforderungen werden nicht weniger. Die diesjährige Veranstaltung in Gießen war nur der Auftakt zu einem möglicherweise vielschichtigen und spannenden Diskurs über die Nachhaltigkeit in unserem Geschäftsleben. Die Diskussionen dazu werden sicherlich fortgesetzt, während Unternehmen sich anpassen müssen, um sowohl den Marktanforderungen als auch den ökologischen Herausforderungen gerecht zu werden.
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