Beim elften Wirtschaftsforum in Ehingen hat Prof. Rainer Kirchdörfer, ein renommierter Rechtsanwalt und Honorarprofessor, vor Unternehmerinnen und Unternehmern über die kritische Lage von Familienunternehmen in Deutschland gesprochen. Er eröffnete seinen Vortrag mit einem Verweis auf die ehemalige Zentrale von Schlecker, die heute das Unternehmen im BED Businesspark beherbergt. Dies sei ein Beispiel für das Potenzial, das in der Transformation von Firmen steckt.
Kirchdörfer hob hervor, dass 92 Prozent der Unternehmen in Baden-Württemberg Familienunternehmen sind, die entscheidend zur wirtschaftlichen Stabilität und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen. Dennoch besteht die Besorgnis, dass viele Unternehmer sich ernsthaft fragen, ob sich das Risiko und die Investitionen unter den gegebenen Bedingungen noch lohnen.
Wettbewerb und Bürokratie als große Herausforderungen
In seiner Analyse der aktuellen Wirtschaftslage zeichnete Kirchdörfer ein alarmierendes Bild: Die Wettbewerbsfähigkeit leidet erheblich unter steigenden Energiepreisen. In der EU liegen die Strompreise drei- bis viermal höher als in den USA, und gas wird sogar mit dem Vier- bis Fünffachen teuer verkauft. Obwohl das Wachstumschancengesetz als Unterstützung gedacht ist, wird es als ineffektiv angesehen, da es oft nur kleine Anpassungen statt grundlegender Lösungen bietet.
Des Weiteren kritisierte er die durch politische Unbeständigkeit bedingte Unsicherheit: Falsche Subventionen und schnelle politische Entscheidungen würden sich negativ auf die Planungssicherheit der Unternehmen auswirken. Als Beispiel nannte er die angestrebte Abschaffung von Verbrennungsmotoren binnen zehn Jahren, was zur Verunsicherung unter Unternehmern führt.
Zusätzlich beklagte Kirchdörfer die überbordende Bürokratie, die mehr als die Hälfte der mittelständischen Unternehmen als größte Bedrohung empfinden. Für ihn ist es notwendig, dass Familienunternehmen sich gegen diese Entwicklungen wehren, um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben.
Generationswechsel und Perspektiven
Die Unsicherheit schlägt sich auch im bevorstehenden Generationswechsel nieder. Immer mehr Unternehmer denken daran, ihre Firmen zu verkaufen, weil sie ihren Nachkommen die schwierige Situation nicht zumuten wollen. Kirchdörfer betonte, dass die Bereitschaft zur Nachfolge zwar vorhanden sei, allerdings sich die Zahl derer, die einen Verkauf in Betracht ziehen, verdoppelt hat. Das stellt eine ernsthafte Gefahr für die Kontinuität vieler Familienunternehmen dar.
Neueste Statistiken zeigen, dass viele Wachstumsmärkte im Ausland liegen, was die Betriebe unter Druck setzt, Investitionen im Inland zu reduzieren. Trotz ihrer Loyalität zum Standort Deutschland ist es für Familienunternehmen entscheidend, wie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich entwickeln.
Kirchdörfer appellierte an die Politik, ein Reformprogramm zu entwickeln, das sich auf sechs Kernpunkte konzentriert, um Familienunternehmen zu unterstützen. Dazu zählen der Abbau von Bürokratie, Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, bessere Investitionsbedingungen und eine nachhaltige Energiepolitik.
Die Reaktionen von Unternehmensvertretern wie Markus Handtmann von Albert Handtmann zeigen, dass die angesprochenen Punkte konkrete Auswirkungen auf ihre Geschäftsstrategien haben. Handtmann betont, dass für ihn eine Abwanderung keine Option ist, doch die politische Lage und deren Entwicklung genau beobachtet werden müssen.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Familienunternehmen in Deutschland vor drängenden Herausforderungen stehen. Dennoch gibt es ein starkes Verlangen nach Stabilität und Unterstützung, sowohl von den Unternehmern selbst als auch von der Politik. Ein respektvoller Dialog ist daher unerlässlich, um die Weichen für die Zukunft in diese Richtung zu stellen. Mehr Details zu diesem Thema gibt es hier bei www.schwaebische.de.