In der kleinen Gemeinde Beckedorf war die Kornbrennerei Sudholz über 138 Jahre ein bedeutender Teil der regionalen Wirtschaft und Kultur, bis sie im Jahr 2002 ihren Betrieb einstellte. Diese historische Stätte hat nun durch Georg Tosonowskis neues Buch eine Renaissance erfahren. Der Autor, der noch als Kind in der Brennerei aufwuchs, ist bestrebt, das einzigartige Erbe dieser ehemaligen Brennerei lebendig zu halten und erzählt von der faszinierenden Vergangenheit des Alkoholproduzierens.
Tosonowski, dessen Vater in der Sudholzschen Brennerei arbeitete, erinnert sich lebhaft an die lebendigen Szenen in der Brennerei: pumpende Gestänge, brodelnde Bottiche und die berauschenden Dämpfe, die in der Luft lagen. Seine dokumentarischen Arbeiten begannen bereits in den 1980er Jahren, als er die Abläufe und Techniken dieser alten Handwerkskunst festhielt. Das Ergebnis seiner langjährigen Recherchen ist ein umfangreicher Text-Bildband, der nicht nur die technische Seite der Brennerei beschreibt, sondern auch tief in die gesellschaftlichen und historischen Kontexte des Alkoholgenuss eintaucht.
Die industrielle Vergangenheit der Kornbrennerei
Die Brennerei wurde 1864 gegründet und war eine der letzten landwirtschaftlichen Verschlussbrennereien in der Region. Die nachhaltigen Herstellungsprozesse, die den Anbau des Getreides auf eigenen Feldern und die Wiederverwertung von Brennrückständen umfassten, waren damals bemerkenswert. Tosonowski erklärt, dass das gesamte Kreislaufsystem kontrolliert und dokumentiert wurde, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen.
Die Brennerei produzierte eine Vielzahl von Spirituosen, darunter Korn mit 32 Volumenprozent und Doppelkorn mit 38 Prozent, die in ganz Norddeutschland geschätzt wurden. Geselligkeit und Gemeinschaft waren eng mit dem Konsum von Branntwein verbunden, den viele Menschen genossen, während sie in Gaststätten und bei Vereinsveranstaltungen zusammenkamen.
Alkohol als kulturelles Phänomen
Die Geschichte des Alkohols reicht weit zurück, angefangen bei den alten Zivilisationen Ägyptens und Mesopotamiens bis hin zu den Fortschritten in der Destillation im 12. Jahrhundert. Alkohol wurde zunächst als Medizin betrachtet, doch die Gefahren des exzessiven Konsums und die damit verbundenen gesellschaftlichen Probleme traten schnell zutage. Tosonowski weist auf die Alkohol-Epidemie vor rund 170 Jahren in Ostfriesland hin, die zu tragischen Verlusten führte und viele Menschenleben forderte.
Alkohol wurde nicht nur als Genussmittel verwendet, sondern auch als wichtige Einnahmequelle für den Staat. Mit der eingeführten Genussmittelsteuer im Jahr 1871 stieg die Abhängigkeit der deutschen Regierung von den Steuereinnahmen aus dem Alkoholverkauf. Gezielte Befragungen und Forschungen in verschiedenen Archiven führten Tosonowski zu einer tiefergehenden Analyse des wirtschaftlichen Einflusses des Alkoholmarktes in der Region.
Ein weiterer Aspekt, den Tosonowski in seinem Buch beleuchtet, ist die Bedeutung der Schwarzbrennerei in der Region. Angesichts der hohen Steuern auf Alkohol nutzten viele Landwirte illegale Wege, um ihre Produkte zu destillieren. Diese Praktiken führten zu gesundheitlichen Katastrophen, da neben geringwertigem Ethanol auch giftiges Methanol produziert wurde. Historische Berichte belegen, dass Menschen durch den Missbrauch von solchen illegalen Brennereien verstarben oder gesundheitliche Schäden erlitten.
Das Buch „Ein Schluck Sudholz’scher – Über 130 Jahre Branntwein aus Beckedorf“ erscheint im Eigenverlag und kostet 19,80 Euro. Es kann in der Buchhandlung Otto & Sohn sowie direkt beim Autor über die E-Mail-Adresse debeeke@t-online bestellt werden. Tosonowski plant zudem eine Ausstellung und Lesung im Heimatmuseum Schloss Schönebeck in Bremen-Nord, um das Wissen über diese historische Brennerei weiterzugeben und ihre Geschichte zu feiern. Ein wirklich wichtiges Werk für alle, die sich für die kulturelle und wirtschaftliche Geschichte der Region interessieren.
– NAG