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Bahnreform in der Krise: Lokführer fordern radikalen Neustart

Die derzeitige Situation im deutschen Bahnsektor hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Lokführer der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben in einer deutlichen Erklärung die aktuellen Mängel und die unhaltbaren Bedingungen bei der Deutschen Bahn (DB) angeprangert. In den letzten Jahren hat sich die Lage stetig verschlechtert, und die betroffenen Mitarbeiter fühlen sich unverstanden und unter Druck gesetzt. Die Auswirkungen dieser Krise sind nicht nur intern zu spüren, sondern haben auch potenziell weitreichende Folgen für die Zukunft der Bahn.

Der ICE-Lokführer und Vorsitzende der Zentralen Fachgruppe Lokfahrdienst, Karsten Ulrichs, machte unmissverständlich klar: „Wir Lokführer in der EVG sind stinksauer über diese kaputte Eisenbahn.“ Diese Aussage verdeutlicht den Frust, der in den Reihen der Lokführer brodelt. Die Belastung des Personals ist stark angestiegen, während das Ansehen des Berufsbildes nachhaltig leidet.

Kritik an der Bahnreform

Ein zentraler Punkt in Ulrichs‘ Ansprache war die Einschätzung der Bahnreform, die vor 30 Jahren ins Leben gerufen wurde, um die DB aus den roten Zahlen zu führen. Diese Reform sei gescheitert, und es ist nach Ansicht der Lokführer an der Zeit für einen umfassenden Neustart. Dabei zeige sich, dass ohne ausreichend qualifiziertes Personal keine entsprechende Steigerung des Schienenverkehrs möglich ist. „Wer mehr Verkehr auf der Schiene will, der braucht dafür erst mal gutes Personal“, betonte er und machte somit deutlich, dass die Qualität der Ausbildung und die Eignung der Lokführer höchste Priorität haben müssen.

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Die Qualität der Ausbildung wird auch weiterhin als Manko gesehen. Ulrichs kritisiert, dass es nicht ausreicht, einfach neue Rekrutierungskampagnen zu starten oder Kurzschulungen anzubieten. Stattdessen plädiert er für eine nachhaltige, qualitätsorientierte Ausbildung im Rahmen der DB. „Lokführer bekommt man nicht durch Rekrutierungen aus allen Ländern dieser Welt oder durch Schmalspurausbildungen der vielen unkontrollierten Ausbildungsschulen“, so Ulrichs. Diese Herangehensweise wird als unangemessen und gefährlich für die Sicherheit der Bahn angesehen.

Die unzureichenden Arbeitsbedingungen sind ein weiteres großes Anliegen. „Es fehlt Geld, die Berufsbilder attraktiv zu machen und wertzuschätzen“, sagte Ulrichs. Er fordert bessere Bezahlung und fairere Beschäftigungsbedingungen. Das der öffentliche Dienst im Bereich Bahn in einem festgefahrenen Zustand verharrt, ist für die Lokführer unhaltbar, und sie fordern ein Umdenken in der Personalpolitik der DB AG.

Notwendigkeit von Reformen

Ein Thema, das immer wieder aufkommt, ist die angestrebte Trennung von Fahrweg und Betrieb. Diese Planung würde laut Kurtsch dazu führen, dass die Lokführer noch weniger Möglichkeiten für einen konzernweiten Einsatz hätten. Ihre Forderung ist klar: Die Bahn sollte gemeinwohlorientiert betrieben werden, was ein verstärktes staatliches Eingreifen und die Schaffung effizienterer Strukturen erfordere. „Hilfreich wäre beispielsweise eine eigene Eisenbahnbehörde“, schlägt Ulrichs vor, um die gesamte Bahnlandschaft in Deutschland zu koordinieren. Diese Behörde sollte die Zuständigkeit für alle Eisenbahnen in Deutschland übernehmen und einen echten Bahnbeauftragten im Kanzleramt installieren.

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In Anbetracht der aktuellen Herausforderungen wird deutlich, dass die Zeit für Worte vorbei ist. „Jetzt zählen nur noch Taten“, sagt Ulrichs und fordert Verantwortliche auf, endlich die notwendigen Schritte zur Besserung der Situation einzuleiten. Die Lokführer haben genug von leeren Versprechungen und wollen echte Veränderungen sehen, um die Zukunft der Deutschen Bahn zu sichern.

Aufruf zum Handeln

Der Aufruf zur Aktion könnte kaum dringlicher sein. Die Lokführer und die EVG verlangen nicht nur ein Umdenken, sondern auch die Umsetzung konkreter Maßnahmen, um die Qualität und die Sicherheit des Bahnbetriebs zu gewährleisten. Es bleibt abzuwarten, wie die politischen Entscheidungsträger auf diese eindringlichen Worte reagieren und ob sie bereit sind, die Weichen für eine positive Zukunft der Deutschen Bahn neu zu stellen.

Hintergrundinformationen zur Bahnreform in Deutschland

Die Bahnreform in Deutschland steht im Kontext einer umfassenden Umstrukturierung des Schienenverkehrs, die mit der Gründung der Deutschen Bahn AG im Jahr 1994 begann. Ziel war es, den Betrieb profitabler zu gestalten und die Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Kontext zu erhöhen. Diese Reform war auch eine Reaktion auf die wachsende Unzufriedenheit der Nutzer mit der Bahn, die häufige Verspätungen, unzureichende Infrastruktur und steigende Ticketpreise beklagten.

Trotz dieser Bemühungen haben die Probleme im Schienenverkehr persistiert. Laut dem Deutschen Bahn Netzwerkführer ist die Zahl der pünktlichen Züge in den letzten Jahren stetig gesunken. Dies wurde von der Deutschen Bahn AG selbst bestätigt, die in ihrem Jahresbericht von 2022 eine Pünktlichkeit von nur 65% für Fernverkehrszüge auswies. Die Kritik von Gewerkschaften und Lokführern, wie die von Karsten Ulrichs, reflektiert eine tiefere Frustration über die anhaltenden strukturellen Probleme und die wahrgenommene Missachtung der Belange der Beschäftigten im Mittelpunkt dieser Reformen.

Aktuelle Arbeitsbedingungen und Herausforderungen für Lokführer

Die aktuellen Arbeitsbedingungen für Lokführer sind durch hohe Belastungen, Personalmangel und psychische Stressfaktoren geprägt. Eine Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung weist darauf hin, dass die Arbeitsbelastung durch unregelmäßige Schichtsysteme und die hohe Verantwortung in sicherheitsrelevanten Bereichen stark zunehmen. Dies führt nicht nur zu einer steigenden Anzahl an Burnout-Fällen unter den Beschäftigten, sondern auch zu einer Abwanderung qualifizierter Fachkräfte aus dem Beruf.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat wiederholt auf mangelnde Investitionen in die Mitarbeiterentwicklung hingewiesen. Dabei wird kritisiert, dass die Ausbildung von Lokführern häufig nicht den hohen Sicherheitsstandards entspricht, die für den Betrieb notwendig sind. Die EVG fordert daher nicht nur eine Verbesserung der Ausbildung, sondern auch attraktive Arbeitsbedingungen, die die Anwerbung und Bindung von Fachkräften in der Branche fördern.

Infrastruktur und Investitionen im Schienenverkehr

Ein weiterer kritischer Punkt für die Zukunft der Deutschen Bahn ist der Zustand der Infrastruktur. Laut dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sind Investitionen in Höhe von 86 Milliarden Euro in die Schieneninfrastruktur bis 2030 geplant. Dies ist notwendig, um die bestehenden Probleme zu beheben und einen modernen Schienenverkehr zu gewährleisten. Ein großer Teil dieser Mittel fließt in die Sanierung und den Ausbau von Gleisen, Signalanlagen und Bahnhöfen.

Trotz dieser Investitionen bleibt die Umsetzung oft hinter den Erwartungen zurück. Verzögerungen bei Bauprojekten, unzureichende Koordination zwischen verschiedenen Verkehrsunternehmen und der Mangel an Fachkräften im Bauwesen zur Durchführung der Projekte sind Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Ein nachhaltiger und zukunftsorientierter Schienenverkehr kann nur dann gewährleistet werden, wenn sowohl in die Infrastruktur als auch in die Menschen, die sie betreiben, investiert wird.

Die Reformen im deutschen Schienenverkehr stehen somit an einem kritischen Wendepunkt, der sowohl das Potenzial zur Verbesserung als auch die Gefahr weiterer Missträume birgt.

– NAG

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