Im Gefängnis von Saidnaja, einer berüchtigten Haftanstalt nördlich von Damaskus, haben sich nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad Tausende Menschen versammelt. Sie suchen verzweifelt nach vermissten Angehörigen, die jahrelang in diesem Ort gefangen gehalten wurden. Laut Berichten von ZDF soll die Zahl der Suchenden bis Montagabend im vierstelligen Bereich liegen. Die Hoffnungen der Familien gelten dem Saidnaja-Gefängnis, das für seine grausamen Foltermethoden und die zahlreichen Todesfälle berüchtigt ist. Erst vor kurzem konnten 2000 Häftlinge aus den Zellen entkommen, die zuvor unter unmenschlichen Bedingungen gefangen gehalten wurden.
Das Gefängnis, das in den letzten Jahren als „Schlachthaus“ bezeichnet wurde, hatte schreckliche Geschichten zu erzählen. Schätzungen zufolge sollen dort über 30.000 Menschen getötet worden sein, viele wurden gefoltert und in heimlichen Massenhinrichtungen ums Leben gebracht, wie heute.at berichtet. Selbst nach dem Ende des Assad-Regimes bleibt ungewiss, was mit den noch verbliebenen Insassen geschah, von denen einige vermutlich in geheimen Zellen gefangen gehalten wurden. Familienangehörige hofften auf Nachricht, doch die Weißhelme, die das Gelände durchsuchten, fanden keinerlei versteckte Bereiche mehr.
Grauenhafte Entdeckungen in Saidnaja
Die schockierenden Berichte über Folter und Verbrechen, die im Gefängnis stattfanden, veranlassten die Menschen, sich vor den Toren zu versammeln. Angehörige wie die 65-jährige Aida Taha, die nach ihrem Bruder sucht, stehen vor dem Gefängnis und verweigen mit trainierter Geduld nach Antworten. Sie und viele andere hoffen, dass hinter den Wänden noch Überlebende zu finden sind. An den Wänden des Gefängnisses finden sich Ausdrucke mit vermissten Personen, während Trauer und Hoffnung die Luft erfüllen. Auch die Weißhelme kündigten an, dass ihre Suche nach vermissten Opfern fortgesetzt werde, insbesondere in den umliegenden Gebieten, wo Massengräber vermutet werden.
Während die Welt sich auf die Entwicklungen in Syrien konzentriert, wird der Druck auf die neuen Machthaber wachsen, die Vergangenheit aufzuklären. Die islamistische Gruppe HTS kündigte an, eine Liste von Offiziellen zu veröffentlichen, die an den Folterungen beteiligt waren. Dies könnte die Basis für zukünftige Gerichtsverfahren gegen Kriegsverbrecher darstellen und könnte die Geschicke des Landes in den kommenden Tagen und Wochen stark beeinflussen.