Die Notwendigkeit innovativer architektonischer Lösungen für die von der Klimakrise betroffenen Gemeinden ist immer dringlicher. Kongjian Yu, ein chinesischer Landschaftsarchitekt und Stadtplaner, verfolgt einen spannenden Ansatz: Er lässt die Natur den Kampf gegen die Überflutung übernehmen.
Der Ansatz der Schwammstädte
Starke Regenfälle und Überschwemmungen nehmen weltweit zu, und viele Städte haben Schwierigkeiten, mit den Folgen umzugehen. Yu und sein Unternehmen Turenscape haben über ein Jahrzehnt lang sogenannte „Schwammstädte“ entworfen. Diese Konzepte nutzen natürliche Elemente, um Regenwasser aufzunehmen und zu speichern, bevor es wieder freigesetzt wird. Die Projekte umfassen die Schaffung neuer Parks, die Wiederherstellung von Feuchtgebieten und die Installation von Regenwassergärten sowie durchlässigen Belägen.
Die Grenzen konventioneller Lösungen
Yu erklärt, dass herkömmliche Methoden zur Eindämmung von Überschwemmungen, die oft auf teuren Beton- oder Rohrsystemen basieren, nicht nur kostspielig und wartungsintensiv sind, sondern auch das Gegenteil bewirken können. Diese Systeme, die das Wasser schnell abführen, machen Städte kontraproduktiv empfindlicher gegenüber Überflutungen. Er zieht einen Vergleich zu einem Menschen, dessen Blutgefäße verhärtet sind und der somit anfälliger für Herzinfarkte wird.
Eine natürliche Lösung
Yus Lösung ist einfach: Schaffung von porösem Boden, der lokale Pflanzen unterstützt. Diese Pflanzen und der Boden selbst nehmen Regenwasser auf und verhindern, dass es in angrenzende Bereiche eindringt. Überschüssiges Wasser wird durch die Vegetation verlangsamt – und das ist von entscheidender Bedeutung, denn im Gegensatz zu Beton beschleunigt dieser nicht den Wasserfluss.
Erfolge und Implementierungen
Bislang hat Turenscape über 10.000 dieser Projekte in mehr als 250 Städten weltweit geplant und über 1.000 bereits abgeschlossen. Über 70 Städte in Festlandchina haben seit 2015 Schwammstadt-Initiativen ins Leben gerufen.
Herausforderungen durch steigende Überschwemmungen
Die Herausforderung, Überschwemmungen zu kontrollieren, wird in China immer größer. Führende Politiker haben die Kontrolle über Überschwemmungen als zunehmend schwierig beschrieben. Insbesondere Sommerüberschwemmungen und Erdrutsche zeigen die Verwundbarkeit des Landes, und Tausende mussten evakuiert werden. Dennoch bleibt es umstritten, ob diese katastrophalen Ereignisse zeigen, dass die Schwammstadt-Ansätze limitiert sind oder ob sie weiter ausgebaut werden sollten.
Anpassung der Stadtplanung
Yu befürwortet einen Wechsel weg von großen Infrastrukturlösungen hin zu kleineren, maßgeschneiderten Ansätzen. Diese Methodik kann auch kostengünstiger sein: Das Programm zur Schwammstadt in Wuhan kostete beispielsweise über 4 Milliarden Yuan weniger als eine traditionelle Betonlösung. Der Erfolg der Schwammstadt erfordert jedoch eine sorgfältige Planung, die das Terrain, Muster des Niederschlags und die spezifischen Bedürfnisse der Gemeinschaft berücksichtigt.
Vielfältige Vorteile der Schwammstädte
Über die Überschwemmungsbekämpfung hinaus bieten Schwammstädte weitere Umweltvorteile. Sie können helfen, die städtischen Temperaturen zu senken und Wasserknappheit zu beseitigen. In Wuhan haben mehr als 380 Schwammprojekte dazu beigetragen, die lokale Luftqualität und Biodiversität zu verbessern. Zudem zeigen kreative Ansätze wie das Benjakitti Forest Park in Bangkok, wie solche Projekte nicht nur ökologische, sondern auch gesellschaftliche Ziele verfolgen können.
Fazit und Ausblick
Die Arbeit von Kongjian Yu und Turenscape hat globales Interesse geweckt und wurde mit dem Oberlander Preis ausgezeichnet. Experten fordern, dass solche innovativen Ideen breiter eingesetzt werden sollten, um die aktuellen Bedrohungen durch den Klimawandel zu bekämpfen. Die Notwendigkeit eines Umdenkens in der Stadtplanung ist drängend. Mit durchdachten und nachhaltig gestalteten Lösungen können wir möglicherweise die Resilienz unserer Städte gegenüber den Herausforderungen der Zukunft stärken.