ForschungVeranstaltung

Die Macht der Sprache: Jiddisch im Schatten des Holocausts verstehen

Am 27. März 2025 wird Hannah Pollin-Galay, außerordentliche Professorin an der Universität Tel Aviv, einen Vortrag mit dem Titel „The Microhistory of Words. Holocaust-Yiddish as a Window onto Prisoner Life“ im Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI) halten. Der Vortrag beginnt um 18:30 Uhr und behandelt die tiefgreifenden Veränderungen, die der Holocaust in der jiddischen Sprache bewirkte. Die Veranstaltung wird in englischer Sprache durchgeführt und die Teilnahme erfordert eine vorherige Anmeldung unter anmeldung@vwi.ac.at. Nähere Informationen sind in der OTS zu finden.

Der Vortrag thematisiert insbesondere die Entwicklung des „Khurbn-Yiddish“, einer einzigartigen Wortschatzform, die von jüdischen Überlebenden während und nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt wurde. Vor dem Holocaust war die jiddische Sprache nicht in der Lage, die traumatischen Erfahrungen von Gefangenschaft, Tod und Entmenschlichung ausreichend zu beschreiben. Der Krieg führte dazu, dass Gefangene zahlreiche neue jiddische Worte und Ausdrücke entwickelten oder anpassten, um ihre Erlebnisse sprachlich verarbeiten zu können.

Die sprachliche Innovation

Pollin-Galay wird in ihrem Vortrag zwei Schlüsselbegriffe vorstellen, die in diesem neuen Soziolekt entstanden sind. Diese Begriffe beziehen sich auf die Themen Diebstahl und deutsch-jiddische Begegnungen während der Zeit des Holocaust. Autoren und Intellektuelle wie Nachman Blumenthal, Yisrael Kaplan und Chava Rosenfarb trugen zur Dokumentation dieser neuen Sprachelemente bei. Sie verarbeiteten ihre traumatischen Erfahrungen, indem sie eine Sprache schufen, die den moralischen und existenziellen Dilemmata, mit denen sie konfrontiert waren, Rechnung trug.

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Beispielsweise werden neue Begriffe wie „shabrivin“ (Plünderung) und „kuzinka“ (ausbeuterische sexuelle Praktik) genannt, die eindrücklich die Herausforderungen und Konflikte des Überlebens widerspiegeln. Die poetische und literarische Bedeutung von „Holocaust Yiddish“ findet Ausdruck in den Werken von Schriftstellern wie Rosenfarb und Ka-Tzetnik. Diese Autoren setzen sich in ihren Texten mit Themen wie Korruption, Identität und Resilienz auseinander, die auch für heutige Diskussionen über die jüdische Geschichte und Identität von großer Relevanz sind.

Erweiterter Kontext

Zusätzlich zu den sprachlichen Aspekten wird der Vortrag auch im historischen Kontext gesehen. Der Eichmann-Prozess beispielsweise veränderte die gesellschaftliche Wahrnehmung der deutschen Sprache in Israel und schuf eine besondere akustische Präsenz. Menschen, die in diesem Prozess sprachen und Zeugenaussagen machten, behandelten das Deutsche weniger als eine „Nazi-Sprache“, sondern als Teil ihrer spezifischen historischen Realität. Diese Entwicklungen tragen dazu bei, aktuellere Perspektiven auf die deutsche Sprache und deren kulturelle Bedeutung nach dem Holocaust zu entwickeln.

Hannah Pollin-Galay hat in ihrer Forschung und ihren Veröffentlichungen, insbesondere in ihrem Buch „Occupied Words: What the Holocaust Did to Yiddish“, das Thema der sprachlichen Veränderungen während des Holocaust vertieft. Dieses Werk erhielt im Jahr 2024 den National Jewish Book Award in der Kategorie Holocaust Studies. Pollin-Galay fasst die Bedeutung der jiddischen Sprache und ihrer Transformationen in der Auseinandersetzung mit der Holocaust-Geschichte zusammen.

Durch die Erforschung dieser sprachlichen Innovationen eröffnet sich eine neue Perspektive auf die jüdische Geschichte und die damit verbundene Identitätsfrage. Der Vortrag verspricht somit eine tiefgründige Auseinandersetzung mit Sprache, Trauma und Geschichte.

Ort des Geschehens


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Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI), Rabensteig 3, 1010 Wien, Österreich
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Rabensteig 3, 1010 Wien, Österreich
Beste Referenz
ots.at
Weitere Quellen
sites.lsa.umich.edu

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