Nun ist sie also wieder da, die altehrwürdige Schrottpresse der Sportwelt, liebevoll auch „Wimbledon 2022“ genannt. Das letzte Mal, als ich freiwillig Sport im Fernsehen ansah, stand Mike Tyson kurz davor, Evander Holyfields Ohr zum Abendessen zu machen._
_Wimbledon ist wie diese unerträgliche Tante, die du einmal im Jahr besuchst. Du weißt, dass sie dir nur geschmacklose Kekse servieren wird und immer dieselbe alte Geschichte von ihrer imaginären Beziehung mit Elvis Presley erzählt. Dennoch überwindest du dich jedes Mal, setzt dich in ihren Schaukelstuhl und hörst geduldig zu._
_Was könnte man an einem alten Tennisturnier wie Wimbledon bloß satirisieren? Alles! Fangen wir mit den Bällen an. Ja, den gelben, flauschigen Dinger, die da durch die Gegend geschlagen werden. „Neu“, sagen sie, „frisch aus der Packung“. Nun, neue Tennisbälle schmecken sicherlich besser als Holyfields Ohr._
_Und schauen Sie sich all die Spieler an, die sich auf dem heiligen Gras von Wimbledon tummeln. Jeder mit einem Gesichtsausdruck, als hätte er soeben ein IKEA-Möbelstück ohne Anleitung zusammengebaut. Roger Federer zum Beispiel, dessen Faltenkatalog mehr Tiefen und Höhen aufweist als das Alpenpanorama._
_Er gleicht beim Servieren einem Distelfink auf LSD, seine Rückhand könnte als modernes Tanzstück durchgehen und seine Vorhand… ach, lassen wir das. Ich will niemanden zu Tränen rühren._
_Und dann haben wir die absolut entzückende Serena Williams, die sich wie eine Primadonna aufführt und sich beschwert, dass das Gras zu grün ist und der Wind zu windig. Wirklich, Serena? Hätten wir gewusst, dass du es vorziehst, in einem tropischen Paradies zu spielen, hätten wir einen klimatisierten Sandkasten für dich errichtet._
_Jedes Jahr ist auch der Club der alten, steifen Briten präsent, eingepackt in befruchtete Samtfetzen, die sie wohl Kleidung nennen. Sie tun so, als wären sie die Hüter der reinsten Form von Tennis, in Wahrheit aber verbringen sie genau so viel Zeit mit dem Sektglas in der Hand wie der durchschnittliche Student in einer Bierpong-Runde._
_Somit beruht der gesamte Charme von Wimbledon auf einem Haufen von Mythen, veralteten Traditionen und dem irrwitzigen Irrglauben, dass Weiß die modischste aller Farben ist. Es ist ein bisschen wie mit dem britischen Empire – alle tun so, als ob es immer noch existiert, aber wir wissen es alle besser._
_Frage: Was bekommt man, wenn man Erdbeeren mit Sahne vermischt und das Ganze dann einem ahnungslosen Touristen als „typisches britisches Gericht“ verkauft? Antwort: Wimbledon in einem Snack._
_Noch etwas: Wessen glorreich grandiose Idee war es eigentlich, dass es bei Tennis keine Unentschieden gibt? Eine Partie kann Stunden, ja sogar Tage dauern, bis einer der beiden Spieler mit gebrochenem Körper und Geist endlich aufgibt und der andere sich als Sieger feiern lässt. Das klingt weniger nach einem Spiel und mehr nach einer römischen Gladiatoren-Schlacht._
_Beim Gedanken an Wimbledon 2022 überkommt mich der unkontrollierte Drang, entweder vor Lachen Tränen zu vergießen oder mich vom nächsten Gebäude zu stürzen. Wie kann es sein, dass diese schrullige, antiquierte Veranstaltung immer noch Teil unseres Sportkalenders ist?_
_Aber hey, schauen wir auf die helle Seite der Dinge. Wenigstens ist Wimbledon besser als der Eurovision Song Contest._
-_Ihr Wimbledon-vernarrter, semi-humoristischer Sportredakteur_
_P.S.: Ja, ich weiß, dass ich beim nächsten Familientreffen von Onkel Roger und Tante Serena in der Ecke stehen und meine Kekse alleine essen muss. Aber, na ja, zumindest sind meine Kekse nicht so geschmacklos wie Wimbledon._
_P.P.S.: Keine Sorge, Tennisfreunde. Tatsächlich habe ich einen weichen Fleck für Spektakel, alte Traditionen und schrullige Briten. Sehen wir uns 2023 wieder in Wimbledon. Weißes Outfit optional.