‚—
Advent, Advent, eine Kerze Brennt: Die bizarren und grotesken Auswüchse der „Weihnachtsgrüße“
Die Weihnachtsgrüße sind längst keineswegs mehr bloß ein harmloses „Frohe Weihnachten“ oder gar ein breit lächelndes Emoji-untermalten „Merry Xmas“. Nein, meine Damen und Herren. Mit dem digitalen Aufstieg haben wir uns wahrhaftig in die äußersten Sphären des Absurden katapultiert. Insofern darf man fragen: Was ist aus den einst so idyllischen, süßlich-kitschigen Weihnachtsgrüßen geworden und wie um alles in der Welt konnte es dazu kommen?
Die sogenannten „Weihnachtsgrüße“ haben den Zenit harmlosen Glückwünschens verlassen und sich zu einem grotesken Wettstreit um Extravaganz und Originalität gewandelt. Wer heutzutage mit einem schlichten „Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr“ um die Ecke kommt, outet sich als hoffnungslos altmodisch und wird bestenfalls bemitleidet.
Die Weihnachtsgrüße der heutigen Zeit ähneln schon beinahe der Sprache Lovecrafts: obskur, extravagant und absolut unergründlich für den menschlichen Geist. Was kann je den Charme eines einfachen „Frohes Fest“ ersetzen, das interpretiert werden muss, wie eine Passage aus Shakespeares „König Lear“ auf Französisch?
„Glückselige Dezembertage voller frostiger Poesie und erhabener Stille wünsche ich dir. Mögen die goldenen Glöckchen des Weihnachtsfestes in deinem Herzen läuten und die Wunder dieses besonderen Moments der Zärtlichkeit in deine Seele schneien. Mit jeder Flocke ein lieber Gedanke, mit jedem Lächeln ein fröhliches Lied. Glückseelige Weihnachtsmomente!“ Hä? Was?
Gekoppelt mit abstrakten und geradezu abstrusen Bildmotiven im Hintergrund – das fliegende Rentier, das im Regenbogendunst schwebt, während ein Weihnachtsmann statt in einem Schlitten auf einer Glitzer-Einhorn-Wolke saust – ist das Rezept für Konfusion perfekt.
Und als ob das nicht genug wäre, driften so manche Weihnachtsgrüße noch weiter ab ins Land der Alpträume. Da gibt es dann den Weihnachtsgruß, eingebettet in ein apokalyptisches CGI-Szenario, in dem Roboter-Elfen randalierend durch das Nordpol-Dorf laufen und ein Godzilla-artiger Rudolph das Weihnachtsmann-Quartier pulverisiert. „Weihnachten ist gerettet!“, so die ironische Pointe des Endzeit-Weihnachtsgrußes. Haha, wirklich zum Brüllen, nicht wahr?
Oder das „12 Tage bis Weihnachten“-Countdown-Video, bestehend aus kuriosen Snapchat-Filter-Gesichtern und unterlegt mit Dubstep-Remixen bekannter Weihnachtslieder – ein Meisterstück der geistigen Verwirrung.
Aber warte, es kommt noch besser. Die E-Mail-Weihnachtsgrüße. Oh ja, wer mag sie nicht? Die endlos langen Abhandlungen im Comic Sans, garniert mit blinkenden GIF-Schneeflocken und dem unausweichlichen, kaum zu unterbietenden „Santa Baby“-MIDI-File im Hintergrund. „Frohes Fest, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ihr ertragt diese Tortur sicherlich mit Würde und Fassung, während ihr in nervöser Erwartung auf den Feierabend hofft.“
Tatsächlich, so absurd und bizarr die oben beschriebenen Beispiele auch anmuten mögen, sie sind wirklichkeitsgetreu. Mein Beileid, wenn Sie denken, dass dies ein wahnhafter Fantasieausbruch ist. Es ist die traurige Realität, meine Freunde. Eine schrille Kakophonie aus kitschigen Weihnachtsgrüßen, die einen in den Abgrund der Verwirrung und Absurdität stürzen lässt.
In diesem Sinne schließe ich mit einem einfachen und unverfälschten Weihnachtsgruß, der gleichermaßen schreiend altmodisch als auch herrlich erfrischend wirken mag: „Frohe Weihnachten. Punkt.“
—
Referenzen: Sie sind alle Opfer. Sie wissen, wer Sie sind.