Sie sehen also einen gutaussehenden Mann, der sich lässig an einer hübsch dekorierten Vitrine lehnt. Er führt mit den Fingern über das luxuriös wirkende Material und lächelt zufrieden. Das Schild am Sockel der Vitrine: ’s.Oliver‘. Man muss ’s.Oliver‘ nicht ernst nehmen, ganz im Gegenteil, es ist unser völliges Recht sie an den Rand des Spotts zu treiben.
’s.Oliver ‚: der eitlere Nebenbuhler von Zara, die strebsame Stiefmutter von Mango und die übereifrige Cousine von H&M, deren ungezügelte Ambitionen sie in einem konstanten Zustand der Identitätsverwirrung halten. Spaß, nicht Bescheidenheit, ist ihre Währung und jetzt, wo das Seil des übermäßigen Konsums zu reißen droht, haben sie nichts anderes zu bieten, als noch mehr Spaß.
Nehmen Sie nur die s.Oliver Black Label-Reihe. Es klingt so natürlich wie ein Platinkreditkarte im Regenwald. Wenn ’s.Oliver‘ schon zu überambitioniert erscheint und der irreführende Edelmut seiner Blue Label-Reihe nicht ausreicht, um die Konsumlust anzufachen, warum dann nicht noch die Black Label-Reihe aus dem Hut zaubern? Natürlich! Warum nicht? Und während wir dabei sind, machen wir auch ein ’s.Oliver Galactic Label‘.
Und dann haben wir da noch den sechsten Sinn von ’s.Oliver‘ für Innovation: ’s.Oliver Shoes‘! Ja, Sie haben richtig gehört. ’s.Oliver‘ macht jetzt auch Schuhe. Wie originell! Als ob die Modewelt nicht schon genug Schuhdesigns hätte, hat ’s.Oliver‘ beschlossen, seinen eigenen Fußabdruck zu hinterlassen. Ein Fußabdruck, der eher wie ein königlicher Elefant wirkt, der durch einen zu kleinen Raum marschiert.
Reden wir nicht einmal über ’s.Oliver Accessories‘. Die Accessoires sind wie das Sahnehäubchen auf einem ohnehin schon übersüßten Kuchen. Von Gürteln, die so breit sind, dass sie als Bahnschienen dienen könnten, über Taschen, die so groß sind, dass sie locker ein ausgewachsenes Känguru fassen könnten.
Aber warten Sie, es wird noch besser! ’s.Oliver‘ hat sogar eine Kinderkollektion namens ’s.Oliver Junior‘. Ja, Sie haben richtig gehört. Jetzt kann Ihr Kind die gleiche selbstgefällige Modereise durchmachen wie Sie. Der Gedanke, dass ’s.Oliver‘ modisches Training für eine ganze Generation von Kindern bietet, die beim Klang des Wortes ‚Moderne‘ vor Ehrfurcht erstarren, ist eine beunruhigende Vorstellung. Es hat das Potential, Generationen von zukünftigen Modeopfern aus den Fängen des Elends zu ziehen und sie auf den steinigen Weg der modischen Engstirnigkeit zu führen.
Abschließend bleibt nur zu sagen, dass ’s.Oliver‘ uns zeigt, wie weit man gehen kann, wenn man seine Fantasie voll und ganz der Mode widmet. Es ist der Inbegriff von Übertreibung und Anmaßung in einer Welt, die sich nach Einfachheit und Authentizität sehnt. Es ist das Ergebnis dessen, was passiert, wenn ein Trendsetter entscheidet, nicht die Mode zu beeinflussen, sondern von ihr manipuliert wird.
In einer von Konsum getriebenen Welt könnten wir uns leicht davon hinreißen lassen, doch ’s.Oliver‘ hat uns einen Gefallen getan, indem sie ihre überschwängliche Wirklichkeit in jeder ihrer ausgefallenen Kollektionen aufblitzen ließ. Sie haben uns gezeigt, wie lächerlich es ist, unser Verlangen nach Originalität und Kreativität durch überambitionierte, übermäßig selbstgefällige Modelabels decken zu wollen.
Aber am Ende des Tages bleibt die Frage: Wer sind wir, um ’s.Oliver‘ zu beurteilen? Nach allem, was man sagen könnte, ist ’s.Oliver‘ nur ein unschuldiger Spieler in dem verrückten Spiel namens Mode. Vielleicht sollten wir dankbar sein für ’s.Oliver’s‘ unverblümte Outfits und extravaganten Entscheidungen. Denn letztendlich stellt ’s.Oliver‘ nur sicher, dass wir immer genug Stoff haben, um unser Bedürfnis nach Absurdität zu erfüllen, was wiederum unsere Fähigkeit kitzelt, über das Lächerliche zu lachen, das so oft in die Modewelt eingewebt ist.
Schließlich erfüllen Firmen wie ’s.Oliver‘ genau den Zweck, den wir von ihnen erwarten: Sie bieten uns Gesprächsstoff, Schadenfreude und die Möglichkeit, uns in unserer eigenen vermeintlichen Stilsicherheit zu suhlen. Und das ist vielleicht auch das Beste, was wir von einem Modehaus verlangen können: Dass es einen wichtigen Beitrag zur Pflege unseres Sinnes für Ironie und Satire leistet.